Starke Verben
verb
Reiten, ritt, geritten, ride, rode, ridden: Hinter der Beugung der starken Verben steckt ein einfaches und geniales System.
Dauer: 72 Minuten.
- 05:10 Tempus im urgemanischen Verbalsystem
- 06:26 Die Grammatikausdrücke Präsens und Gegenwart
- 09:53 Das indogermanische Aspektsystem (Wiederholung)
- 12:32 Die Entstehung des germanischen Ablautsystems
- 25:00 Die Entstehung der Ablautreihen
- 27:17 Erste Ablautreihe: reiten, ritt, geritten und englisch ride, rode, ridden
- 34:45 zweite Ablautreihe: fliegen, flog, geflogen und englisch fly, flew, flown
- 40:00 Dritte Ablautreihe: binden, band, gebunden
- 43:29 Fünfte Ablautreihe: geben, gab, gegeben und englisch give, gave, given
- 47:06 Exkurs: Germanisch ē1 wie in germanisch *wēgō (> ahd. wāga) versus ē2 wie in germanisch hēr (> ahd. hiar > nhd. hier).
- 50:29 Vierte Ablautreihe: nehmen, nahm, genommen
- 51:30 Zusammenfassung der e-Reihe: Ablautreihen 1 bis 5 im Überblick
- 51:50 Ausbreitung des o-Ablauts im Neuhochdeutschen
- 55:50 Sechste Ablautreihe (a-Reihe): fahren, fuhr, gefahren und englisch shake, shook, shaken
- 1:02:50 Siebte Ablautreihe: reduplierende Reihe ohne Ablaut
Wie beugt man starke Verben?
Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie die starken Verben im Deutschen ablauten — allerdings nicht oberflächlich, wie es sonst in Grammatiken und Lehrbüchern zu finden ist. Dort werden einfach Verben mit ähnlichem Dreiklang in willkürlichen Gruppen zusammengefasst und beliebig durchnumeriert. Diese Darstellungen sind falsch, das heißt das System der starken Verben funktioniert nicht so, und Sie müssen damit am Ende doch alles einzeln auswendig lernen, weil die Darstellung keine Gewähr bietet.
In diesem Artikel geht es dagegen darum, das System zur Abwechslung einmal korrekt und erschöpfend so darzustellen, wie es in der deutschen Sprache wirklich funktioniert und entstanden ist. Er eignet sich vor allem für Leser mit vertieftem Interesse und für Lehrer. Wenn Sie sich nur einen Überblick verschaffen wollen, empfehlen wir Ihnen die Druckversion (PDF). Sie besteht aus Grafiken und Tabellen und ist ideal zum Nachschlagen für Muttersprachler und Ausländer im Deutschunterricht.
Dieser Artikel besteht aus drei Teilen:
- Teil A: Beugung der starken Verbformen: Endungen und Umlaut
- Teil B: Ablautreihen und Stammformen der starken Verben (knapp gehalten, bitte sehen Sie sich bei tieferem Interesse zur Einführung das Videotutorial an, andernfalls reicht es, die Verbtabellen der Paradigmen zu überfliegen; das Schema springt ins Auge)
- Teil C: Alphabetische Liste aller starken Verben mit allen für die Beugung wichtigen Formen (zum schnellen Nachschlagen)
A Wie beugt man starke Verben?
Im ersten Teil geht es um die Endungen der starken Verben und den Umlaut einiger Formen.
A1 Präsens (Gegenwart)
Die e-Stufe (erste Stammform) bildet den Wurzelvokal für alle Formen, die keine Vergangenheitsbedeutung haben: den Indikativ Präsens, den Imperativ, den Konjunktiv 1 und die Nominalformen Infinitiv (Verbalsubstantiv) und das Partizip Präsens (Verbaladjektiv).
In der 2. und 3. Person Singular Präsens bilden einige starke Verben Umlaut: du nimmst, er/sie/es nimmt
. Dieser Umlaut wurde in althochdeutscher Zeit verursacht, weil die Endungen der starken Verben damals in diesen beiden Formen ein ∙i∙
enthielten:
- ih far∙u (ich fahre)
- du far∙is → du feris (du fährst)
- er far∙it → er ferit (er fährt)
Betroffen sind alle Verben der e-Reihe in der ersten Stammform, bei denen das ursprüngliche ∙e∙
in althochdeutscher Zeit noch erhalten war:
- Paradigma 2c:
saufen, du säufst;
aber:saugen, du saugst
(weil es ein schwaches Kausativumsäugen
gibt). - Paradigma 3d:
bergen, du birgst; bersten, du birst; sterben, du stirbst; verderben, du verdirbst; werben, du wirbst; werden, du wirst; werfen, du wirfst.
- Paradigma 3e:
gelten, du giltst; helfen, du hilfst; schelten, du schiltst.
- Paradigma 3f:
quellen, du quillst; schmelzen, du schmilzt; schwellen, du schwillst.
Aber:melken, du melkst.
Dennmelken
wird heute meist schwach gebeugt. Möglich sind aber noch:du milkst, milk!
Schallen
(ausschellen
),du schallst
, weil es in der Vergangenheit heißt:du schalltest
. - Paradigma 3g:
fechten, du fichtst; flechten, du flichtst.
- Paradigma 3h:
erlöschen
(auserleschen
),du erlischt; dreschen, du drischt.
- Paradigma 4a:
befehlen, du befiehlst; gebären, du gebierst; nehmen, du nimmst; stehlen, du stiehlst, treffen, du triffst.
- Paradigma 4c:
brechen, du brichst; sprechen, du sprichst; stechen, du stichst.
Bei den den unhistorisch starken ck-Verbenschrecken, du schrickst
(nebenschreckst
) undstecken, du steckst
(niestickst
) schwankt der Umlaut. - Paradigma 5a:
geben, du gibst, geschehen, es geschieht; lesen, du liest; sehen, du siehst; treten, du trittst.
Abergenesen, du genest
(wegengenießen, du genießt
). - Paradigma 5b:
essen, du isst; fressen, du frisst; messen, du misst; vergessen, du vergisst.
- Paradigma 5c: bei
wiegen
wurde die Umlautform auf alle Formen ausgeweitet (zur inhaltlichen Unterscheidung zuwägen
).
Bei diesen Verben wurde der Umlaut von der 2. Person Indikativ auf den Imperativ ausgeweitet, obwohl der Imperativ auch früher endungslos war: du nimmst → nimm!
Imperative mit Umlaut erhalten niemals die fakultative Endung ∙e
: *nimme!
Auch die Verben der a-Reihe zeigen Umlaut a → ä
im Indikativ du fährst, er fährt
, aber nie im Imperativ fahr schon!
:
- Paradigma 6:
fahren, du fährst; backen, du bäckst (neben backst), graben, du gräbst; laden, du lädst, schlagen, du schlägst, tragen, du trägst, waschen, du wäscht.
- Aber heutzutage nicht mehr das j-Präsens der 6. Ablautreihe:
schaffen, du schaffst
, weil sich neben der starken BeugungFrankenstein schuf ein Monster, hat ein Monster geschaffen
eine schwache mit anderer Bedeutung gebildet hater schaffte es ins Ziel, hat es geschafft
.
Alle Verben mit ∙a∙
der siebten Ablautreihe zeigen den gleichen Umlaut:
- Paradigma 7a:
blasen, du bläst, braten, du brätst; fallen, du fällst; geraten, du gerätst; halten, du hältst; lassen, du lässt; raten, du rätst; schlafen, du schläfst
. - Paradigma 7b:
laufen, du läufst.
Aber nicht:hauen, du haust
. - Paradigma 7e:
empfangen, du empfängst, fangen, du fängst
.
Zudem auch noch als Nachahmung stoßen, du stößt
nach Paradigma 7d.
A2 Präteritum (Vergangenheit)
Die a-Stufe (zweite Stammform) bildet den Wurzelvokal für alle Formen der Vergangenheit: den Indikativ Präteritum und zudem den Konjunktiv 2 (Irrealis)Tutorial: Wie verwendet man den Konjunktiv 2 im Deutschen?, der allerdings im heutigen Deutschen keine Vergangenheitsbedeutung mehr hat.
Der Konjunktiv 2 hat den regelmäßigen Umlaut des Wurzelvokals im Präteritum:
- a → ä ich nahm → als ob ich nähme
- o → ö ich schmolz → als ob ich schmölze
- u → ü ich fuhr → als ob ich führe
Wenn der Ablaut im Präteritum bereits palatal (vorn im Mund entstehend, zum Beispiel ∙i
) ist, ist Umlaut unnötig.
- i = i ich ritt → als ob ich ritte (Ablautreihe 1)
- i = i ich fiel → als ob ich fiele (Ablautreihe 7)
Die oben gezeigten Umlaute lassen sich sehr verläßlich vom Ablaut des Präteritums ableiten. Unerwartete Umlaute treten nur vor ∙r∙
Konsonant, ∙l, ∙nn
auf:
- Regelmäßig in Paradigma 4b
daß ich schwöre
, zur Unterscheidung vom Präsens auch altertümlichdaß ich schwüre
. - Das Paradigma 3e hat den Konjunktiv 2 mit altem
∙ü∙
:als ob ich hülfe, schölte, stürbe, verdürbe, würbe, würde, würfe
statt*hälfe, *schälte, *stärbe, *verdärbe, *wärbe, *wärde, *wärfe
. - Das Paradigma 3b hat
∙ö∙
:als ob ich begönne, gewönne, rönne, schölle, schwömme, sönne, spönne
statt*begänne, *gewänne, *ränne, *schälle, *schwämme, *sänne, *spänne
. - In Paradigma 4a haben alle Verben mit
∙l∙
den Umlaut∙ö∙
statt∙ä∙
:als ob ich stöhle
(daneben seltenstähle
),beföhle, empföhle
.
A3 j-Präsentien
j-Präsentien (Plural auch j-Präsentia
, Singular das j-Präsens
sind alte Bildungen von Präsensformen, die in einigen starken Verben in den germanischen Sprachen noch erhalten sind. Hier wurde in den Präsensform ein Suffix ∙j
an die Wurzel angehängt, zum Beispiel germanisch skap∙ja∙, bed∙ja∙, set∙ja∙
. Die Vergangenheitsformen und das Partizip Präteritum hatten das Suffix nicht. Dieser Zustand ist heute nur noch im Isländischen gut zu sehen: sitja
sitzen
, við sit∙j∙um
wir sitzen
, aber við sát∙um
wir saßen
und setinn
gesessen
.
Im Deutschen ist das Suffix im Zuge der hochdeutschen Lautverschiebung mit dem vorangehenden Konsonanten verschmolzen und bewirkt Verdoppelung des Konsonanten, die nach wie vor nur im Präsens auftritt, und zudem Umlaut in allen Präsensformen:
- sitzen (sit∙ja∙), bitten (bed∙ja)
- ich saß (sat), ich bat (bad)
- gesessen (setanaz), gebeten (betanaz)
Beim Verbum schaffen, ich schuf aus germanisch skap∙ja
hat man den Umlaut erst im Neuhochdeutschen scheffen/
rückgängig gemacht (zum Grund siehe oben).
A4 Präteritopräsentien
Präteritopräsentien sind eine Sonderklasse von Verben. Es sind die Modalverben des Deutschen. Bei ihnen ist das Beugungsparadigma nach links verschoben. Ablaut und Endungen des Präteritums der normalen starken Verben ist hier der Singular der Gegenwart:
- ich kann (ich rann)
- du kannst (du rannst)
- er/sie/es kann (er/sie/es rann)
Der Plural der Gegenwart entspricht dem bis zum Frühneuhochdeutschen üblichen Plural Präteritum der starken Verben.
- wir k[ö←u]nnen (frühneuhochdeutsch: wir runnen)
- ihr k[ö←u]nnt (frühneuhochdeutsch: ihr runnet)
- sie k[ö←u]nnen (frühneuhochdeutsch: sie runnen)
Das Präteritum bilden die Präteritopräsentien schwach: ich konnte, ich sollte, ich musste, ich durfte, ich wusste, ich mochte
. Mehr über die besondere Beugung und syntaktische Verwendung der Präteritopräsentien erfahren Sie im Tutorial über brauchen zu
.Brauchen zu und Präteritopräsentien
B Die Ablautreihen und Stammformen der starken Verben
Das Ablautschema war zu Beginn im Urgermanischen sehr einfach. Da die Verbalwurzeln in der Fülle in der Gegenwart den Vokal ∙e∙
aufwiesen, wurde die e∙Stufe das Erkennungszeichen für das Präsens. Diese Verben bilden die sogenannte e∙Reihe.
- Gegenwart mit Wurzelvokal
∙e∙
:rejd∙, bewd∙, spenn∙, nem∙, geb∙
- Vergangenheit durch Ablaut
e→a
:raid∙, baud∙, spann∙, nam∙, gab∙
Im weiteren Verlauf der Sprachentwicklung verschmolz der Vokal ∙e∙
allerdings mit dem nachfolgenden Konsonanten, wodurch sich die einheitliche e-Reihe in fünf Ablautreihen aufgegliederte.
∙e∙
vor Sonorant∙j∙
→ erste Ablautreihe∙e∙
vor Halbvokal∙w∙
→ zweite Ablautreihe∙e∙
vor Sonorantm, n, l, r
plus belieb. Konsonant → dritte Ablautreihe∙e∙
vor Sonorantm, n, l, r
oderch
→ vierte Ablautreihe∙e∙
vor Obstruent → fünfte Ablautreihe
In der Vergangenheit weisen die Verben der e-Reihe den Wurzelvokal ∙a∙
auf.
- ich nehme → ich nahm
- ich gebe → ich gab
Es wandelt sich im Neuhochdeutschen zu ∙o∙
, wenn ihm ein Sonorant m, n, l, r
oder ein Halbvokal w, j
vorausgeht (o-Drift):
schwor
stattschwar
schmolz
stattschmalz
dro∙sch
stattdrasch
Heute besitzt ein starkes Verb der e-Reihe drei Ablautstufen:
- Gegenwart (Stammform 1):
rinnen, ich rinne, rinne!, rinnend
- Vergangenheit (Stammform 2):
ich rann, wir rannen
- Partizip der Vergangenheit (Stammform 3):
geronnen
Diese Zahl ergab sich jedoch erst im Frühneuhochdeutschen, davor galt die a-Stufe nur im Singular des Präteritums. Im Plural war der Wurzelvokal ursprünglich ganz geschwunden, weil die Betoung in frühgermanischer Zeit auf der Endung lag:
- Gegenwart: germanisch
renn∙ō
ich rinne
- Vergangenheit Singular:
rann
ich rann
- Vergangenheit Plural:
rØnn∙um
ich rinne
- Partizip:
rØnanaz
Das Zeichen Ø steht für nichts
(leere Menge). Der Wurzel fehlt nun ein Vokal. Gerät ein Sonorant in den Kern der Wurzelsilbe, wird im Germanischen ein ∙u∙
eingefügt: sØnganaz
gesungen
→ sunganaz
→ gesungen
, rØnn∙um
rannen
→ runnum
→ mittelhochdeutsch runnen
.
In der fünften Ablautreihe gerät ein Verschlußlaut in den Kern der Silbe gØb∙um
wir gaben
, was natürlich niemand aussprechen kann. Deshalb wird hier ein gedehntes ∙ē∙
eingefügt, denn kurzes ∙e∙
ist bereits das Kennzeichen für Präsens und ∙a∙
das Zeichen für den Singular der Vergangenheit: gØb∙um
gaben
→ gēbum
→ alttelhochdeutsch gābum
.
Jedes germanische ē
wird im Althochdeutschen zu ā
.
Be e-Reihe
Aus den möglichen Lauten, die dem Wurzelvokal (Ablaut) folgen konnten, ergeben sich also fünf Ablautreihen:
- 1 ∙e+j∙ (reida∙) → ahd. ī (rītan) → nhd. reiten
- 2 ∙e+w∙ (beuda∙) → ahd. io (biotan) → nhd. bieten
- 3 ∙e+SC∙ (benda∙) → ahd. iSC (bintan) → nhd. binden
- 4 ∙e+S∙ (nema∙) → ahd. e (neman) → nhd. nehmen
- 5 ∙e+O∙ (geba∙) → ahd. e (geban) → nhd. geben
Weil die Laute im Laufe der Zeit unterschiedlich mit dem Vokal interagierten, sieht man in den Formen heutzutage Unterschiede. In der dritte Ablautreihe wurde das ∙e∙
vor den Nasalen oft zu ∙i∙
gehoben: schwimmen, rinnen
, aber gelten, bersten
. In der ersten Ablautreihe verschmolzen ∙e∙
und ∙i/j∙
zu langem ∙ī∙
, das erst im Neuhochdeutschen zufällig wieder zu ∙ei∙
wurde (neuhochdeutsche Diphthongierung: mittelhochdeutsch mīn
→ neuhochdeutsch mein
).
Auch wenn das System komplizierter geworden ist, bleibt es dennoch ein System. Die starken Verben sind alles andere als unregelmäßig.
Be1 Erste Ablautreihe
Die erste Ablautreihe entsteht aus Verben, bei denen im Urgermanischen der Halbvokal ∙i/j∙
auf den Wurzelvokal folgte.
Halbvokale (j, w) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können. Sie werden dabei zu Vokalen: i, u.
Es ergeben sich zwei Paradigmen:
1a: ∙ei∙ bleiben, blieb, geblieben
Im Präteritum und Partizip wird ∙i∙
im Neuhochdeutschen gedehnt, wenn nicht ein Konsonant wie in 1b folgt. Ausnahmen sind mied
(statt *mitt
) und schied
(statt *schitt
).
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ei∙ | ∙ī∙ | ∙ī∙ |
bleiben | blieb | geblieben |
gedeihen | gedieh | gediehen |
leihen | lieh | geliehen |
meiden | mied(!) | gemieden |
preisen | pries | gepriesen |
reiben | rieb | gerieben |
scheiden | schied(!) | geschieden |
scheinen | schien | geschienen |
schreiben | schrieb | geschrieben |
schreien | schrie | geschrie(e)n |
schweigen | schwieg | geschwiegen |
speien | spie | gespie(e)n |
steigen | stieg | gestiegen |
treiben | trieb | getrieben |
weisen | wies | gewiesen |
zeihen | zieh | geziehen |
1b: ∙ei∙D∙ beißen, biss (biß), gebissen
Vor ch, f, ß, d, t
(D), die wie ∙i∙
vorne im Mund artikuliert werden, wird ∙i∙
im Präteritum und Partizip nicht gedehnt. Es bleibt also kurz, wodurch der folgende Konsonant im Neuhochdeutschen doppelt geschrieben wird.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ei∙D∙ | ∙ĭ∙DD∙ | ∙ĭ∙DD∙ |
beißen | biss | gebissen |
bleichen | blich | geblichen |
gleichen | glich | geglichen |
gleiten | glitt | geglitten |
greifen | griff | gegriffen |
kneifen | kniff | gekniffen |
leiden | litt | gelitten |
pfeifen | pfiff | gepfiffen |
reißen | riss | gerissen |
reiten | ritt | geritten |
scheißen | schiss | geschissen |
schleichen | schlich | geschlichen |
schleifen | schliff | geschliffen |
schleißen | schliss | geschlissen |
schmeißen | schmiss | geschmissen |
schneiden | schnitt | geschnitten |
schreiten | schritt | geschritten |
spleißen | spliss | gesplissen |
streichen | strich | gestrichen |
streiten | stritt | gestritten |
weichen | wich | gewichen |
In klassischer Rechtschreibung im Auslaut ß
statt ss
.
Präteritopräsens der ersten Ablautreihe
Das Präteritopräsens der ersten Ablautreihe ist wissen.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ei∙D∙ | ∙ĭ∙DD∙ | ∙ĭ∙DD∙ |
∙ei∙ | ∙i∙ | [∙u∙te] |
weiß | wissen | wusste (wußte) |
Die schwache Vergangenheit mit ∙u∙
ist recht neu. Zuvor hieß es wiste/wisse
.
Starke Verben der ersten Ablautreihe im Englischen
Die Verben mit regulärer englischer Lautentwicklung sind:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
bide | bode (o←ō←ā←ai) | bidden |
drive | drove | driven |
ride | rode | ridden |
write | wrote | written |
In folgenden Formen wurde ∙o∙
im Präteritum durch ∙i∙
ersetzt.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
bite | bit (i«ō←ā←ai) | bitten |
hide | hid | hidden |
rise | rise | risen |
shit | sh[i|a]t | shit |
slit | slit | slit |
Be2 Zweite Ablautreihe
Die zweite Ablautreihe entsteht aus Verben, bei denen im Urgermanischen der Halbvokal ∙u/w∙
auf den Wurzelvokal folgte.
2a: ∙ie∙ biegen, bog, gebogen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ie∙ | ∙o∙ | ∙o∙ |
biegen | bog | gebogen |
bieten | bot | geboten |
k[ür←ies]en | erkor | erkoren |
fliegen | flog | geflogen |
fliehen | floh | geflohen |
fließen | floss | geflossen |
frieren | fror | gefroren |
genießen | genoss | genossen |
gießen | goss | gegossen |
kriechen | kroch | gekrochen |
riechen | roch | gerochen |
schieben | schob | geschoben |
schießen | schoss | geschossen |
schließen | schloss | geschlossen |
sieden | sott | gesotten |
sprießen | spross | gesprossen |
stieben | stob | gestoben |
triefen | troff (triefte) | (getrieft) |
verdrießen | verdross | verdrossen |
verlieren | verlor | verloren |
ziehen | zog | gezogen |
Wiegen, wog, gewogen
passt zwar hierher, gehört aber historisch und lexikalisch zu 5d und den anderen Abkömmlingen von wegen
.
2b: ∙ü∙ lügen, log, gelogen
Bei zwei Verben wurde der Ablaut im Präsens im Neuhochdeutschen von ∙ie
zu ∙ü∙
verändert, wahrscheinlich um die Formen vor Verwechslungen zu feien:
lügen
(versusliegen, lag, gelegen
) ← mittelhochdeutschliegen
(vgl. engl.lie
)trügen
← mittelhochdeutschtriegen
(analog zulügen
)
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ü∙ | ∙o∙ | ∙o∙ |
l[ü←ie]gen | log | gelogen |
tr[ü←ie]gen | trog | getrogen |
2c ∙au∙ saufen, soff, gesoffen
Deutsch ∙au∙
aus urgermanisch ∙ū∙
(geheimnisvolle gedehnte Schwundstufe zu normalem ∙eu∙
).
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ei∙D∙ | ∙ĭ∙DD∙ | ∙ĭ∙DD∙ |
∙au∙ | ∙o∙ | ∙o∙ |
saufen | soff | gesoffen |
saugen | sog | gesogen |
Dieses Paradigma zeigt zwei Sonderfälle, alle anderen Verben mit ∙au∙
gehen nach Paradigma 7b.
Starke Verben der zweiten Ablautreihe im Englischen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
brew | (brewed) | brewn |
ch[oo←ē]se | chose | chosen |
cleave | clove | cloven |
freeze | froze | frozen |
fly | flew | flown |
shoot | shot | shot |
Be3 Dritte Ablautreihe
Die dritte Ablautreihe entsteht aus Verben, bei denen im Urgermanischen auf den Wurzelvokal ein Sonorant m, n, l, r
und dahinter ein weiterer beliebiger Konsonant folgte.
Sonoranten (m, n, l, r) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können.
3a: ∙iNC∙ binden, band, gebunden
Vor Nasal m, n
(C₁=N={m,n}≠C₂) wird germanisches ∙e∙
zu ∙i∙
gehoben.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙i∙nC | ∙a∙nC | ∙u∙nC |
binden | band | gebunden |
dingen | dang | gedungen |
dringen | drang | gedrungen |
finden | fand | gefunden |
gelingen | gelang | gelungen |
klingen | klang | geklungen |
ringen | rang | gerungen |
schinden | (schindete) | geschunden |
schlingen | schlang | geschlungen |
schwinden | schwand | geschwunden |
schwingen | schwang | geschwungen |
singen | sang | gesungen |
sinken | sank | gesunken |
springen | sprang | gesprungen |
stinken | stank | gestunken |
trinken | trank | getrunken |
winden | wand | gewunden |
wringen | wrang | gewrungen |
zwingen | zwang | gezwungen |
Unhistorisch (aber nicht falsch!) sind die beiden folgenden starken Partizipien:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
(winken | winkte) | gewunken |
(∙wünschen | ∙wünschte) | verwunschen |
3b: ∙iNN∙ rinnen, rann, geronnen
Vor ∙mm∙
und ∙nn∙
(C₁=C₂={m, n}) wird germanisches ∙e∙
zu ∙i∙
gehoben. Im Partizip entsteht ∙o∙
durch a-Umlaut, weil die Endung a
enthält und dazwischen ein Nasal steht.
a-Umlaut: ahd. u>o| _ [m,n]
u wird im Althochdeutschen zu o, wenn in der folgenden Silbe a folgt und dazwischen ein Nasal.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙i∙NN | ∙a∙NN | ∙o∙NN |
beginnen | begann | begonnen |
gewinnen | gewann | gewonnen |
rinnen | rann | geronnen |
schwimmen | schwamm | geschwommen |
sinnen | sann | gesonnen |
spinnen | spann | gesponnen |
Unhistorisch ist das Verbum sinnen in allen Formen und Zusammensetzungen:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
sinnen (nach Rache) | sann | gesonnen |
sich besinnen | besann sich | besonnen |
ersinnen | ersann | ersonnen |
nachsinnen | sann nach | nachgesonnen |
wohlgesonnen |
All diese Formen sind erst im Neuhochdeutschen vom Substantiv Sinn
abgeleitet und müßten normalerweise schwach gebeugt werden sinnte, gesinnt
. Die starken Formen führen ein älteres Verbum sinnen
mit der Bedeutung gehen
fort. Mehr darüber im Tutorial über die Frage Stirbt die starke Konjugation aus? (Minute 36)
sowie im Tutorial über die Wendung Sinn machen.
3c: ∙S∙i∙NN klimmen, klomm, geklommen
Wie 3b, aber dem Vokal geht der Sonorant l
voraus, der ∙a∙
im in neuhochdeutscher Zeit zu ∙o∙
werden ließ (o-Drift).
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙S∙i∙mm | ∙S∙o∙mm | ∙S∙o∙mm |
glimmen | glomm | geglommen |
klimmen | klomm | geklommen |
(beklemmen | beklemmte) | beklommen |
Unhistorisch ist:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
(beklemmen) | beklommen |
Beklommen ist das Partizip zum schwachen Verb klemmen
und nicht von klimmen
und müßte eigentlich wie im Mittelalter beklemmt
lauten.
3d: ∙erC∙ werben, warb, geworben
Im Präsens bleibt germanisches ∙e∙
vor ∙r∙
erhalten. Es verhindert auch o-Drift im Präteritum.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙e∙rCm | ∙a∙rC | ∙o∙rC |
bergen | barg | geborgen |
bersten | barst | geborsten |
sterben | starb | gestorben |
verderben | verdarb | verdorben |
werben | warb | geworben |
werden | ward→wurde | geworden |
werfen | warf | geworfen |
(verwirren | verwirrte) | verworren |
3e: ∙elC∙ gelten, galt, gegolten
Im Präsens bleibt germanisches ∙e∙
vor ∙l∙
erhalten.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
C∙e∙lC | C∙a∙lC | C∙o∙lC |
gelten | galt | gegolten |
helfen | half | geholfen |
schelten | schalt | gescholten |
3f: ∙S∙e∙lC schmelzen, schmolz, geschmolzen
Wie 3e, aber dem Vokal geht ein Sonorant m, n, l, r
oder Halbvokal j, w
voraus, der ∙a∙
im Prätertum zu ∙o∙
werden ließ (o-Drift).
Sonoranten (m, n, l, r) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können.
Halbvokale (j, w) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können. Sie werden dabei zu Vokalen: i, u.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
m/w∙e∙lC | m/w∙o∙lC | m/w∙o∙lC |
melken | molk | gemolken |
quellen | quoll | gequollen |
schmelzen | schmolz | geschmolzen |
schwellen | schwoll | geschwollen |
Analog nach schwellen
und quellen
:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
sch[a←e]llen | scholl | geschollen |
3g: ∙S∙e∙chC flechten, flocht, geflochten
Das ∙ch∙
wird wie die Sonorant m, n, l, r
behandelt. Flechten
hat ∙o∙
im Präteritum, weil ihm ein Sonorant vorausgeht, fechten
analog dazu.
Sonoranten (m, n, l, r) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
S∙e∙cht | S∙o∙cht | S∙o∙cht |
fechten | focht | gefochten |
flechten | flocht | geflochten |
3h: ∙S∙e∙schC dreschen, drosch, gedroschen
Auch ∙sch∙
wird wie die Sonoranten m, n, l, r
behandelt. Dem Vokal geht zudem ein Sonorant voraus, der ∙a∙
im Präteritum zu ∙o∙
werden ließ o-Drift.
Sonoranten (m, n, l, r) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
S∙e∙sch | S∙o∙sch | S∙o∙sch |
erl[ö←e]schen erlosch | erloschen | |
dreschen | drosch | gedroschen |
Die Grundform von intrasitivem erleschen
das Feuer erlischt, erlosch
wurde nach transitivem und schwachem löschen, löschte, gelöscht
er löscht(e) das Feuer
zu erlöschen
angeglichen.
Präteritopräsentien der dritten Ablautreihe
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙uSC∙ | ∙aSC∙ | [o/u∙t∙] |
k[ö←u]nnen | kann | konnte/gekonnt |
d[ü←u]rfen | darf | durfte/durften |
Starke Verben der dritten Ablautreihe im Englischen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
begin | began | begun |
cling | clang | clung |
drink | drank | drunk |
fling | flung | flung |
grind | ground | ground |
ring | rang | rung |
run | ran | run |
sing | sang | sung |
sink | sank | sunk(en) |
shrink | shrank | shrunk |
spin | span | spun |
stink | stank | stunk |
swim | swam | swum |
swing | swang | swung |
wring | wrang | wrung |
win | won | won |
bind | bound | bound |
fight | fought | fought |
find | found | found |
wind | wound | wound |
burst | burst | burst |
Be4 Vierte Ablautreihe
Die vierte Ablautreihe entsteht aus Verben, bei denen im Urgermanischen auf den Wurzelvokal ein Sonorant m, n, l, r
und dahinter nur noch die Endung folgte.
Die Ablautstufe im Präteritum Plural zeigt statt Schwund nach dem Vorbild von Ablautreihe fünf Dehnung auf.
4a: ∙e∙S nehmen, nahm, genommen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙e∙S | ∙a∙S | ∙o∙S |
e∙S | a∙S | o∙S |
befehlen | befahl | befohlen |
empfehlen | empfahl | empfohlen |
geb[ä←e]ren | gebar | geboren |
k[o←e]mmen | kam | gekommen |
nehmen | nahm | genommen |
stehlen | stahl | gestohlen |
treffen | traf | getroffen |
4b schwören, schwor, geschworen
Wie 4a, aber dem Vokal geht bei schwören
(frühneuhochdeutsch noch schweren
) ein Halbvokal j, w
voraus, der ∙a∙
im Präteritum zu ∙o∙
werden ließ (o-Drift):
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
w∙e∙S | w∙o∙S | w∙o∙S |
schwören | schwor | geschworen |
4c: ∙e∙ch brechen, brach, gebrochen
Das nur im Hochdeutschen aus urgermanisch ∙k∙
entstandene ∙ch∙
wird wie ein Sonorant m, n, l, r
behandelt.
Sonoranten (m, n, l, r) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
e∙ch | a∙ch | o∙ch |
brechen | brach | gebrochen |
sprechen | sprach | gesprochen |
stechen | stach | gestochen |
Unhistorisch stark sind alle Verben mit ∙ck
:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
e∙ck | a∙ck | o∙ck |
stecken | stak | gesteckt |
schrecken | schrak | geschrocken |
Beide Verben wurden im Mittelalter von den schwachen Verben stecken, stacte, gestecket
sowie transitiv schrecken, schrachte, geschrecket
und intransitiv schricken, schrichte, geschricket
abgeleitet. Weil viele Verben im Deutschen als Pärchen aus starken intransitiven Verbum und schwachem transitiven Kausativum schricken, schrichte, geschricket
zu starkem schrecken, schrak, geschrocken
.
Bei stecken
konnte sich die starke Beugung nicht durchsetzen, bei erschrecken, erschrak, erschrocken
zwar schon, doch der Ausdruck wird daneben sehr oft reflexiv konstruiert, und in diesem Fall wird wieder schwach gebeugt: du erschreckst dich
und nicht du *erschrickst dich
, er erschreckte sich
und nicht *erschrak sich
.
Präteritopräsens der vierten Ablautreihe
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙uS∙ | ∙oS∙ | [∙o∙t∙] |
s[o←u]llen | soll/sollen | sollte/gesollt |
Starke Verben der vierten Ablautreihe im Englischen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
bear | bore | born |
swear | swore | sworn |
shear | shore | shorn |
break | broke | broken |
speak | spoke | spoken |
steal | stole | stolen |
stick | stack | stuck |
Stick
entspricht deutsch stechen
.
Be5 Fünfte Ablautreihe
Die fünfte Ablautreihe entsteht aus Verben, bei denen im Urgermanischen auf den Wurzelvokal ein Obstruent (O), konkret g, h, s
, folgte.
Obstruenten sind Verschlußlaute (b, d, g, p, t, k) und Reibelaute (f, s, ch), also alle Konsonanten, die im Gegensatz zu Sonoranten (m, n, l, r) und Halbvokalen (j, w) nicht im Kern einer Silbe stehen können.
Die Ablautstufe im Präteritum Plural zeigt statt Schwund Dehnung zu ∙ē∙
. Das Partizip hat denselben Ablaut wie das Präsens.
5a: ∙eC∙ geben, gab, gegeben
Das Standardparadigma zeigt keine Abweichung vom Prinzip:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
e∙C | a∙C | e∙C |
geben | gab | gegeben |
genesen | genas | genesen |
geschehen | geschah | geschehen |
lesen | las | gelesen |
sehen | sah | gesehen |
treten | trat | getreten |
— | — | verwegen |
5b: ∙ess∙ essen, aß, gegessen
Das lange ∙ā∙
im Präteritum ist bei essen
und fressen
seit jeher lang, die anderen analog dazu.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙e∙ss | ∙ā∙ß | ∙e∙ss |
essen | aß | gegessen |
fressen | fraß | gefressen |
messen | maß | gemessen |
vergessen | vergaß | vergessen |
5c: ∙(j/w)∙eC∙ heben, hob, gehoben
Dem Vokal geht ein Halbvokal j, w
voraus, der ∙a∙
im Präteritum zu ∙o∙
werden ließ (o-Drift). Hierzu zählen alle Abkömmlinge von mittelhochdeutsch wegen
.
Halbvokale (j, w) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können. Sie werden dabei zu Vokalen: i, u.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
j/w∙e∙C | j/w∙o∙C | j/w∙o∙C |
abw[ä←e]gen | wog ab | abgewogen |
bewegen | bewog | bewogen |
erw[ä←e]gen | erwog | erwogen |
gären (←jesen) | gor | gegoren |
heben | hob | gehoben |
w[ä←e]gen | wog | gewogen |
w[ie←e]gen | wog | gewogen |
Heben
analog dazu. Es ist eigentlich ein j-Präsens (früher hebben, heven
, aus germanisch hab∙ja∙
, etymologisch verwandt zu lateinisch capĭō
ich fasse
) mit den Formen ich hab, erhaben
. Hob
wurde wohl aus Ähnlichkeit zu zu haben, ich habe
zu hob
, das Partizip erhaben
als Adjektiv lexikalisiert und ein neues gehoben
gebildet.
Bewegen ist nur stark, wenn eine Einwirkung auf den Geist zur Beschlußfassung gemeint ist: Was hat dich dazu bewogen?
Aber: Der Mann bewegte sich nicht.
5d bitten, bat, geboten
j-Präsentien der fünften Ablautreihe. Die Präsensformen hatten ein j-Suffix, das im Deutschen den vorangehenden Konsonanten beeinflußt und Umlaut e→i
ausgelöst hat: bid∙ja∙ → bitten, sit∙ja∙ → sitzen.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
[i←e]C∙j | aC | eC |
bitten | bat | gebeten |
liegen | lag | gelegen |
sitzen | saß | gesessen |
Präteritopräsens der fünften Ablautreihe
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙uC∙ | ∙aC∙ | [∙o∙t∙] |
m[ö←u]gen | mag | mochte/gemocht (nach 5a) |
Starke Verben der fünften Ablautreihe im Englischen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
come | came | come |
eat | ate | eaten |
forget | forgot | forgotten |
get | got | got |
give | gave | given |
see | saw | seen |
sew | (sewed) | sewn |
Englische j-Präsentien:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
bid bitten | bid | beaten |
lie liegen | lay | lain |
sit sitzen | sat(e) | sitten |
Ba a-Reihe
Nicht alle urgermanischen Verben paßten in das Schema e = Gegenwart, a = Vergangenheit
. Einige Verben erbten aus selteneren Präsensformen im Urindogermanischen ein germanisches Präsens mit ∙ă∙
(kurzes ∙ă∙
).
Ba6 Sechste Ablautreihe
Sie bilden die a-Reihe oder sechste Ablautreihe mit ∙ă∙
in der Gegenwart und im Partizip Präteritum sowie ∙ō∙
(wird neuhochdeutsch ∙u∙
) in beiden Vergangenheitsformen: fahren, fuhr, gefahren, schlagen, schlug, geschlagen
.
Die Wurzelsilbe der Verben der sechsten Ablautklasse war im Urgermanischen leicht, hatte also nur kurzes ∙ă∙
und schloß auf einen einfachen Konsonanten. Ursprünglich schwere a-Wurzeln (∙ā∙
oder ∙ăCC∙
) gehören in Ablautreihe sieben.
Da die Vokallängen im Neuhochdeutschen auf ganz anderen Kriterien beruhen als im Mittelalter, ist die Beurteilung an heutigen Formen schwierig: schlagen
gehört in Reihe 6, schlafen
in Reihe 7.
6a: ∙a∙ fahren, fuhr, gefahren
Die sechste Ablautreihe hat nur ein Paradigma.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙a∙ | ∙u∙ | ∙a∙ |
fahren | fuhr | gefahren |
graben | grub | gegraben |
laden | lud | geladen |
schlagen | schlug | geschlagen |
tragen | trug | getragen |
waschen | wusch | gewaschen |
Bei stehen
sind im Neuhochdeutschen zwei oder gar drei Verben zusammengewachsen. Das Präsens stammt von den Wurzelverben stān, stēn
und hat daher kein ∙n∙
, die anderen Formen vom längeren standan
:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
stehen | stand | gestanden |
Mahlen
hat das starke Partizip erhalten, das starke Präteritum muhl
(vgl. Müller, Mühle
) aber aufgegeben.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
mahlen | (mahlte) | gemahlen |
Das Nasalpräsens backen (germanisch bak∙na∙
) hat sich im Deutschen mit dem normalen bak∙a∙
vermischt.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
backen | buk/backte | gebacken |
Präteritopräsens der sechsten Ablautreihe
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙uC∙ | ∙uC∙ | [∙u∙t∙] |
müssen | muss | gemusst |
Starke Verben der sechsten Ablautreihe im Englischen
In den Partizipien wird ∙a∙
in unmittelbarer Nähe zu einem Sonoranten standen → stonden → stooden →→ stood
oder Halbvokal swaren → sworn, woken → waken
zu ∙o∙
:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
bake | (baked) | baken (∙ed) |
shake | shook | shaken |
stand | stood | stood (« standen) |
swear | swore | sworn (« swaren) |
take | took | taken |
wake | woke | woken (« waken) |
Mittelenglisch ∙ōg∙
→ neuenglisch ∙ew
:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
draw (←dragen) | drew (←drōg) | drawn |
B-red Reduplizierende Verben
Die siebte Ablautreihe besteht aus Verben, die im Urgermanischen keinen Ablaut bilden konnten. Der Wurzelvokal war nicht nur ungünstig verfärbt wie in der sechsten Reihe, sonst auch noch gedehnt, zum Beispiel germanisch slēp
.
Diese Verben konnten aber auch nicht schwach werden, weil ihnen lexikalisch die Voraussetzung für die lexikalisch ableitenden Suffixe der schwachen Verben fehlten.
Deswegen ließ man den Ablaut zunächst bleiben und verzichtete darauf, die aus dem urindogermanischen Perfekt, aus dem die germanische Vergangenheit ererbt wurde, stammende Reduplikationssilbe abfallen zu lassen: slēp∙
(Präsens) versus se∙slēp
. Bei der Reduplikation wird der Konsonant im Anlaut verdoppelt und ein e
dazwischengesetzt.
Diese Bildung hatten zunächst alle starken Verben, aber offenkundig empfand man den Ablaut als besseres Tempuszeichen und ließ die Reduplikationssilbe überall fallen, wo es möglich war. Der Rest landete in Reihe sieben.
B7 Siebte Ablautreihe
Funktionierende Reduplikation findet sich allerdings nur im Gotischen, in den anderen germanischen Sprachen, die erst einige Jahrhunderte später schriftlich belegt sind, ist die Reduplikationssilbe bereits so stark mit der Wurzel verschmolzen, daß sich doch noch ein Ablaut ergab.
Das Präteritum von germanisch falla∙
lautete so feball
(f
und b
stehen in grammatischem Wechsel). Daraus schrumpfte frühdeutsch fē₂ll
fiel
mit sogenanntem ē₂
, das anders (zweihebig) gesprochen wurde als das aus dem Germanischen ererbte lange ē
, das man als ē₁
bezeichnet. Die beiden Vokale entwickeln sich auch anders weiter:
- Präsens: Vordeutsch
slē₁p∙
→ ahd.slāfan
→schlafen
- Präteritum: Vordeutsch
slē₂p∙
→ ahd.sliaf
→schlief
In der siebten Ablautreihe fanden sich zu Beginn nicht nur Verben mit ē₁
, sondern auch mit anderen nicht ablautfähigen Vokalen oder Strukturen wie ∙ō∙
oder ∙a∙CC∙
, woraus sich verschiedene Paradigmen ergeben.
Alle Strukturen hatten eine schwere Wurzelsilbe (langer Vokal plus Konsonant oder kurzer Vokal mit zwei Konsonanten), die nicht zu Reihe 6 paßte:
- 7a: ∙a∙CC∙ (fallen)
- 7b: ∙au∙C∙ (laufen)
- 7c: ∙ō∙C∙ (rōpan → rufen)
- 7d: ∙a∙u∙C∙ (stauta → stoßen)
- 7e: ∙a∙ng∙ (fangen)
- 7f: ∙a∙i∙C∙ (haitan → heißen)
7a: ∙a∙CC∙ schlafen, schlief, geschlafen
Verben mit a-Wurzel, aber im Gegensatz zu 6 war die Wurzel ursprünglich schwer (der Vokal ist lang oder ihm folgen zwei Konsonanten).
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙a∙ | ∙ie∙ | ∙a∙ |
blasen | blies | geblasen |
braten | briet | gebraten |
fallen | fiel | gefallen |
geraten | geriet | geraten |
halten | hielt | gehalten |
lassen | ließ | gelassen |
raten | riet | geraten |
schlafen | schlief | geschlafen |
Alle Verben mit dem Schema a
+ Sonorant + Obstruent wurden mit Ausnahme von halten, hielt, gehalten
schwach:
Sonoranten (m, n, l, r) sind Konsonanten, die im Kern einer Silbe stehen können.
Obstruenten sind Verschlußlaute (b, d, g, p, t, k) und Reibelaute (f, s, ch), also alle Konsonanten, die im Gegensatz zu Sonoranten (m, n, l, r) und Halbvokalen (j, w) nicht im Kern einer Silbe stehen können.
- bien > bannte
- fielt > faltete
- schielt > schaltete
- sielz > salzte
- spielt > spaltete
- spien > spannte
- wiel > wallte
- wielg > (walgte †)
- wielk > walkte (
schlagen
)
Übrig sind noch einige starke Partizipien, die aber nur dialektal verwendet werden:
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
falten | (faltete) | gefalten(/∙t) |
schalten | (schaltete) | geschalten(/∙t) |
salzen | (salzte) | gesalzen(/∙t) |
spalten | (spaltete) | gespalten(/∙t) |
7b: ∙au∙C∙ laufen, lief, gelaufen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙au∙ | ∙ie∙ | ∙au∙ |
hauen | hieb | gehauen |
laufen | lief | gelaufen |
7c: ∙ō∙C∙ rufen, rief, gerufen
Nur rufen
aus germanisch hrōpa∙
.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙u∙ | ∙ie∙ | ∙u∙ |
rufen | rief | gerufen |
7d: ∙a∙u∙C∙ stoßen, stieß, gestoßen
Nur stoßen
aus germanisch stauta∙
.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙o∙ | ∙ie∙ | ∙o∙ |
stoßen | stieß | gestoßen |
7e: ∙a∙ng∙ fangen, fing, gefangen
Vor ∙ng∙
wird ∙ie∙
im Präteritum zu ∙i∙
gekürzt. Gehen
entsteht durch Vermischung aus gangan
und gān
, hängen (hing)
wird aus hāhan
an schwachen hängen (hängte)
angeglichen.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙a∙ng | ∙i∙ng | ∙a∙ng |
empfangen | empfing | empfangen |
fangen | fing | gefangen |
gehen | ging | gegangen |
hängen | hing | gehangen |
7f: ∙a∙i∙C∙ heißen, hieß, geheißen
Nur heißen
aus germanisch haita∙
.
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
∙ei∙ | ∙ie∙ | ∙ei∙ |
heißen | hieß | geheißen |
Starke Verben der siebten Ablautreihe im Englischen
Präsens | Präteritum | Partizip |
---|---|---|
blow (← blowen← blāwan) | blew (←ble[a|o]w) | blown (←blowen) |
grow | grew | grown |
hew | hew | hewn |
know | knew | known |
sow | sew | sown |
throw | threw | thrown |
hold (← hōlden ← healdan) | held (← hēld ← hēold) | held (← hōlden ← healden) |
beat (← bēten ← bēatan) | beat (← bēt) | beaten (← bēten) |
go | (went) | gone |
let | let | (let)en |
shed (← scādan ≈ dt. schaden ) | shed (← sc(e)ād) | shed (← scāden) |
hang (← hangen) | h[u←e/i]ng (← heng) | h[u←a]ng (← h[o|a]ngen) |
fall (← fallen) | fell (← fell) | fallen (← fallen) |
C Liste der starken Verben mit Stammformen
Aufgeführt sind nur die nichtzusammengesetzen Formen. Verschleißen
finden Sie unter schleißen
.