Vaterland und Muttersprache
Die Begriffe Vaterland und Muttersprache sind frühneuzeitliche Importe aus Frankreich. Davor hatte man im Deutschen andere Begriffe für die Heimat und die eigene Sprache.
Lateinisch patria
Ausgangspunkt ist lateinisch patria
, klassisch 'Geburtsland', mittelalterlich 'Land, Gegend; Vaterland', das seit Ennius im 2. Jahrhundert vor Christus belegt ist und das Patriziertum glorifiziert. Ennius wurde als Teilnehmer am Zweiten Punischen Krieg eingebürgert und verkehrte in Adelskreisen. Die Bedeutung ist für uns daher eher als patrizisch als neutral väterlich zu verstehen, denn väterlich
hat im Germanischen einen anderen Hintergrund.
Das Lateinische verlängert das Patrizische auf alles Heimatliche, so auch sermō patrius
(oder sermō nativus
) für die Muttersprache.
Französisch patrie
→ langage maternel
Patria
wurde regulär als la patrie
ins Französische vererbt, wo man im 14. Jahrhundert analog dazu langage maternel
bildete (später auch langue maternelle
), allerdings nicht aus dem Motiv, daß Kinder ihre Sprache von der Mutter erlernen würden, sondern um damit die Sprache des Landes der Geburt zu bezeichnen.
Deutsch Vaterland
und Muttersprache
Erst als Pärchen gelangten Vaterland
und Muttersprache
ins Deutsche und in andere Sprachen, wo sie zuvor unbekannt gewesen waren.
Im Germanischen wird das Vaterland — oder besser die Heimat — als Heim
oder Land
(in seiner Ausdehnung ohne feste Begrenzung) bezeichnet.
Die Muttersprache war für unsere Vorfahren daher lantwort
, so wie die heimatlichen Sitten und Gebräuche lantwīsa
(die Art und Weise eines Landes) waren.
In England bezeichnete man in gleicher Weise die Heimat als lond
und die eigene Sprache als londes speche
. Im Englischen hat sich modres langāge
nicht gegenüber native langāge
durchgesetzt.