Verbauen

Noch vor drei Jahren lachten sich Ingenieure kaputt, wenn Technikjournalisten das Verbauen mit dem Einbauen verwechselten. Inzwischen sind sie selbst zu Zombies geworden.

Auch sollen die gemelden herrn von Erbach kein bauholz in dem Minchwalt hauen, sie wollen es dann verbauen uff dem hofe zu Frenkfeld, heißt es in einem Text, der vor einem halben Jahrtausend geschrieben wurde.

Die Rede ist hier nicht vom Verbauen im Sinne des Verstellens (Er verbaute sich alle Möglichkeiten), sondern um den Fachausdruck einen Grundstoff verbauen. Der wird zur Zeit von Servicejournalisten, Techbloggern und anderen Mitläufern bei jeder Gelegenheit verwendet.

Apple entscheidet zum Beispiel, daß aus Tierschutzgründen keine Maulwurfsaugen mehr in das iPhone eingebaut werden, sondern von nun an Einpixelkameras: Dann spricht der Techblogger vom Verbauen einer solchen Kamera ins iPhone.

Damit hätte er sich noch vor drei Jahren vor jedem echten Ingenieur zum Deppen gemacht. Wir haben damals eine Befragung unter Spitzeningenieuren bei großen Unternehmen gemacht, darunter vor allem solche, die wie beim iPhone elektrische Komponenten zu einem Produkt zursammensetzen. Von Verbauen sprachen echte Ingenieure seit Ewigkeiten nur, wenn ein Grundstoff wie Holz oder Metall durch Sägen oder Gießen so umgestaltet wird, daß er später untrennbar mit dem Produkt verbunden ist. Seine ursprüngliche Form vergeht dabei. Vierzig Tonnen Stahl wurden bei dieser Brücke verbaut, ist richtig, weil dieser Stahl jetzt ganz Brücke ist. Dieses Prinzip gilt auch bei den Verben gebrauchen und verbrauchen.

Wenn allerdings in der Montagestraße von Audi ein Motor in einen Wagen eingesetzt wird, wird er natürlich nicht verbaut, weil er ja Motor bleibt . Ebenso wird natürlich eine Festplatte nicht in einen Computer verbaut (das wäre sehr schlecht für die Speicherfähigkeit einer Festplatte), sondern eingesetzt oder eingebaut. Geschieht so etwas serienmäßig, spricht man vom Ausstatten.

Vor drei Jahren war die Resonanz von Leuten, die solche Dinge herstellen, einhellig: Festlöten oder moderne Techniken des Einbauens von Komponenten gelten nie und nimmer als Verbauen.

Seitdem hat sich das Verbauen von einer Powerattitüde unter Servicejournalisten Video-Tutorial: Powerdeutsch im Journalismus ohne Ingenieursdiplom zu einer ZombieepidemieVideo-Tutorial: Zombiedeutsch aufgeschwungen und das Milieu der Ingenieure durchdrungen.

Grundsätzlich bedeuten Wörter das, wie sie verwendet werden. Journalisten sollten sich allerdings klarmachen, daß sie für die Allgemeinheit schreiben und dabei den Regeln der Allgemeinsprache unterliegen. Selbst wenn in ihrem Milieu das Verbauen grassiert, ist das in der Allgemeinsprache nicht so. Attitüden erzielen nie die Wirkung, die man sich von ihnen verspricht.