Der Führerin entgegen!

Die wissenschaftliche Erforschung des deutschen und indogermanischen Genus­systems im Gegensatz zum ideologischen Gendersprech.

Dieser Artikel ist auch als E-Book (EPUB) erhältlich. Eine ausführliche Darstellung finden Sie im BL-Buch (Info und Leseprobe)

Bürger und Bürgerinnen

Unser Blick in die Vergangenheit der deutschen Sprache reicht anderthalb Jahrtausende weit bis zu Fibeln und Gürtelschnallen, auf denen unsere Vorfahren einander in Runen ihre Zuneigung bekundeten.

In all dieser Zeit findet sich kein Moment, in dem die Anwesenheit einer Frau nicht der Erwähnung wert gewesen wäre.

Die von unseren Politikern so verehrten (Bürger und) Bürgerinnen sind als Begriff wie die Fülle der deutschen Städte über achthundert Jahre alt. Im Mittelalter wimmelt es von beckerinnen, weberinnen, wirtinnen, zoube­rinnen, arzatinnen, meisterinnen, friuntinnen und sogar einer marnerin, einer Seefahrerin.

Unter uns Germanen begannen zuerst die Goten im vierten Jahrhundert nach Christus mit dem Schreiben. Auch sie ließen Frauen nie unerwähnt: frijond·s (Freund) und frijond·i (Freund·in).

Unser Blick reicht weit über das Germanische hinaus. Die frühesten Schriftbelege der indo­germani­schen Sprach­familie, von der das Ger­mani­sche nur einer von dreizehn Zweigen ist, stammen von den Hethitern und sind drei­einhalb Jahr­tausende alt. Frauen­bezeich­nun­gen schöpften sie wie wir mit einem Suffix: hassus (König) und daraus hassus·saras (König·in).

Die Motion, wie man solche Frauenableitungen fachlich nennt, ist in der indo­germani­schen Kultur überall Brauch und verdrießt uns erst, seit sie keine tatsächliche Frau aus Fleisch und Blut mehr voraus­setzt, sondern Programm ist.

Unser Programm lautet: Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung und andere angeborene Eigen­arten sollen niemand davon abhalten, das aus seinem Leben zu machen, was er möchte.

Gesucht wird schnellstmöglich Bundesliga­fußball­trainer/Bundes­liga­fußball­trainerin. Bewerbun­gen bitte bis Samstag 15 Uhr 29 an den Hamburger Sport-Verein e.V., Syl­vesterallee 7, 22525 Hamburg!

Mit Sicherheit keine Stellenanzeige, die Frauen anlockt. Dennoch zwingt die Sitte den Inserenten, Frauen ausdrücklich zu einer Bewerbung einzuladen.

Die Sitte, nicht das Gesetz. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) beschäftigt sich zwar mit Stellenausschreibungen, erschöpft sich dabei aber in dem Gebot, dass nichtqualifizierende Eigenschaften bei der Auswahl aus den Bewerbern keine Rolle spielen dürfen. Formulierungsvorgaben oder die Sprache selbst kommen darin nicht vor.

Das schafft juristischen Kommentaren und Gerichten die Gelegenheit, sich an der Sprache abzuarbeiten.

Geschäftsführer und Geschäftsführerin

Im Jahre 2011 gab das Oberlandesgericht Karlsruhe (17U99/10Externer Link zum Gerichtsentscheid) in höherer Instanz einer Frau recht, die sich erfolglos auf eine Anzeige beworben hatte.

Weil die Frau alle qualifizierenden Eigenschaften wie Ausbildung und Erfahrung besaß, folgerte das Gericht aus der schlichten Anzeigen­überschrift Geschäfts­führer, dass die Klägerin an der nichtqualifizierenden Eigenschaft eines Penisses gescheitert war. Den konnte sie nicht vorweisen.

Dieses Urteil steht und fällt mit dem in der Urteilsbegründung aus­gebrei­teten Drei­satz, Geschäfts­führer würde sich auf Männer beschränken, wenn sich Geschäfts­führerin auf Frauen beschränke.

Das Gericht räumt zwar die Kluft zum Sprachgebrauch ein, in dem unter Geschäfts­führer geschlechts­indif­ferent der Führer eines Geschäfts ver­stan­den wird, erklärt ihn aber ohne Begründung für unmaßgeblich.

Wenn ein Urteil aber weder auf einem Gesetz noch auf allgemeiner Gewohnheit gründet, worauf gründet es dann?

Und wie hätte der Beklagte ahnen sollen, dass er dagegen ver­stößt? Wie ist sein an­geb­liches Motiv zu erklären, mit Geschäftsführer auf Männer ab­zu­zielen, wenn der Sprach­gebrauch nichts wiegt? Denn wer Sprache gebraucht, dem muss man unbedingt Sprach­gebrauch unterstellen.

Die Urteilsbegründung zitiert den ersten Absatz eines juristi­schen Kom­men­tars. Darin heißt es, der Aus­drucks­weise sei nach AGG Rech­nung getragen, wenn Doppel­formen Geschäfts­führer/-in oder neu­trale Ober­begriffe Geschäfts­führung verwendet werden. Den­zweiten Absatz des Kommentars hat das Gericht aus gutem Grund unterschlagen:

Aber auch wenn allein die prima facie männliche Be­zeich­nung ver­wandt wird, kann der Gesamt­kontext der Aus­schrei­bung ergeben, dass­eine Geschlechts­diskrimi­nie­rung nicht be­absich­tigt wird. Es ent­spricht dem all­gemeinen Sprach­gebrauch, dass­eine männ­liche Be­zeich­nung verwandt werden kann, ohne allein auf männ­liche Arbeit­nehmer hinzuweisen[.]

Gregor Thüsing u. a.: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. § 11 AGG. München 2012.

Der Kommentar widerspricht dem Gericht. Beide liegen aber gemeinsam in der Ad-hoc-Annahme falsch, es würde sich bei Formen wie Geschäftsführer um männliche Formen handeln.

Sprache ist nichts anderes als Sprach­gebrauch. Es gibt keine über den Wassern des Rheins schwebende Göttin Germania oder wahres Deutsch, das uns in den Genen steckt. Sprache ist, wie wir sprechen.

Wenn Geschäftsführer dort nicht als männlich gilt, wie kann es dann dennoch männlich sein, aber auch für Frauen ver­wendet werden? Und wer wird schon Unter­nehmer, wenn er sein Geld auch als Büsten­halter verdienen kann?

Ikonizität

Ein wesentliches Konstruktionsprinzip der Sprache ist IkonizitätTutorial: Geistig und geistlich? Ikonizität in der Sprache.. Das Wohl­verhält­nis von Inhalt und Form ist auf dieser Ebene der Sprache keine Frage des Geschmacks, sondern zwingend wie die Klam­mer­regeln in der Algebra.

Geschäftsführerin ist der Form nach länger als Geschäftsführer, es enthält mit dem Suffix ·in ein Kom­posi­tions­glied mehr. Und auch inhalt­lich enthält die Motions­form mehr, nämlich die Infor­mation, dass das Bezeichnete eine Frau ist, das heißt ein bestimmtes bio­logi­sches Geschlecht hat.

Bezöge sich Geschäftsführer ausdrücklich auf Männer und schlösse Frauen aus, müssten wir darin ein Kompositionsglied finden, das diese Information — nur Männer und keine Frauen — enthält. Wir finden es aber nicht.

Das einzige Kompositionsglied in Geschäftsführ·er, nämlich ·er, steckt auch in Geschäftsführ·er·in. Nach der Deutung des Gerichts wäre diese Form so zu deuten:

Geschäftsführ·♂·♀

Wobei es annimmt, ♀ würde ♂ von rechts nach links annullieren, also die Mannsartigkeit gänzlich tilgen.

Wer gewissenlos ist, dem mangelt es an Gewissen. Das Suffix ·los löscht gewissen· nicht. Das Gewissen wird erst angesprochen und einem dann abgesprochen. Als Information bleibt es erhalten.

Darin liegt ein Schritt, der ‚Geschäftsführ·♂·♀‘ fehlt, hier tilgt ♀ nämlich ♂ im Inhalt gänzlich, in der Form ·er· bleibt ♂ jedoch bestehen.

Fällt Ihnen ein anderer Ausdruck ein, in dem eine Information inhaltlich gestrichen wird, aber in der Form erhalten bleibt?

Denken Sie nicht zu lange nach, die Suche wäre vergeblich. Der Urgrund für den Irrtum liegt nämlich nicht in der Wort­bil­dung, er liegt im Genus: Der Geschäfts­führer ist maskulin, die Geschäfts­führe­rin feminin.

Der juristische Kommentar lässt daran keinen Zweifel: ein männ­liches Wort, das aber im Sprach­gebrauch auch für Frauen verwandt wird.

Grammatisches Geschlecht

Das grammatische Geschlecht ist ein eitel Karfunkelstein. Juristen, Politiker und Feministen können der Versuchung nicht widerstehen, ihn in die Hand zu nehmen und nie mehr loszulassen. Biologisches und grammatisches Geschlecht schimmern so listig überein, dass ihm kein Laie aus eigener Kraft entrinnt. Im Gegenteil, der Trug drängt ihn zu großen Taten.

Beginnen wir ein Experiment! Legen Sie bitte Ihren Zeigefinger in der folgenden Tabelle auf die Stelle, die Mann männlich, Frau weiblich und Ding zu einer Sache macht:

Maskulinum Femininum Neutrum
der Mann die Frau das Ding

Liegt Ihr Finger links auf dem Artikel, in der Grund­schule auch Ge­schlechts­wort genannt? Dann haben Sie hof­fent­lich eine Erklä­rung dafür parat, warum der Löffel maskulin, die Gabel feminin und das Messer säch­lich sind.

Wie ist das grammatische Geschlecht entstanden?

Das grammatische Geschlecht und seine schlampige Verteilung über die Hauptwörter unserer Sprache erklärt man sich als Ottonormal­deutscher üblicherweise so, wie es selt­samer­weise auch der Sprach­wissen­schaftler Guy Deutscher seinen Lesern erklärt:

Warum entwickeln so viele Sprachen unregelmäßige Genera? Über die Kindheit von Genussystemen wissen wir nicht viel, denn in den meisten Spra­chen ist die Her­kunft der Genus­markie­rungen völlig unklar. Doch die wenigen An­halts­punkte, die wir haben, lassen die all­gegen­wärtige Irra­tiona­lität aus­gebilde­ter Genus­systeme besonders eigen­artig erscheinen — denn alle An­zei­chen deuten darauf hin, dass die Genera in ihrer Früh­zeit absolut logisch verteilt waren.

Guy Deutscher: Im Spiegel der Sprache. Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht. Übersetzt von Martin Pfeiffer. München 2010. Seite 233.

Es gab also ein goldenes Zeitalter, in dem alle unbelebten Dinge sächlich (Neutra) und unter den Lebewesen die Männer und Männchen maskulin und die Frauen und Weibchen feminin waren. Im Eifer eines äonenlangen Ge­fechts und durch die Sorg­losig­keit des Alltags ist diese absolut logische Ver­teilung zu einer Unordnung sonder­gleichen verkommen.

Werfen wir einen Blick auf andere indo­germani­sche Sprachen wie das Französische oder das Russische, stoßen wir dort auf die gleiche Unordnung wie im Deutschen.

Bei genauem Hinsehen findet sich in der überall gleich­schlimmen Un­ord­nung dieselbe Struktur. Ebenso in Sprachen, die vor langer Zeit gesprochen wurden, das La­teini­sche zum Beispiel, das Griechische oder das älteste Indisch aus den Veden.

Die Unordnung ist nämlich aus dem Urindo­germani­schen ererbt.

Guy Deutscher könnte einwenden, das goldene Zeitalter liege dann eben noch vor dem Urindo­germani­schen. Die Ursprache des gesamten Menschen­geschlechts ist schließ­lich um ein Viel­faches älter als die Ursprache der indo­germani­schen Sprachen.

Das klingt so plausibel, wie es falsch ist. Unser Genus­system ist in spät­urindo­germani­scher Zeit ent­stan­den und funk­tioniert heute nach der glei­chen stren­gen Logik wie damals. Aller­dings ist diese Logik nicht mit dem un­gesun­den Men­schen­verstand zu ver­glei­chen, den wir närri­scher­weise auch Logik nennen. Er lässt uns falsch finden, was nicht so ist, wie wir es erwartet haben.

s-Wörter

Die Sprecher des Urindo­germani­schen lebten als halb­nomadi­sches Clanvolk am Schwarzen Meer oder nördlich davon und trieben Vieh­wirt­schaft. Genera gab es zunächst nicht.

In der späten ursprachlichen Phase, kurz vor dem Abwandern der ersten Clans aus der Sprach­gemein­schaft, wird das Subjekt in Sätzen mit einer Hand­lung, die ein Objekt erfordert (tran­sitive Aussagen: Der Mann pflückt einen Apfel), durch die Endung ·s markiert.

Es ist ebendas ·s, das später im Latei­nischen als ·(u)s (amicu·s, leg·s → lex, communi·s) und im Grie­chischen als ·(o)s (philo·s, Styg·s → Styx) die typische Endung masku­liner Sub­stan­tive werden wird. Bei uns im West­germani­schen ist es lange ge­schwun­den (ur­germa­nisch daga·s → gotisch dag·s, aber deutsch Tag und englisch day).

Dass diese Endung allein das Subjekt kennzeichnet und nicht Begriffe als belebt oder beseelt (engl. animate) kategorisiert, wie manchmal in Analogie zu afrikanischen Sprachen angenommen wird, ergibt sich zwingend aus dem Voka­tiv. Wird ein Namen­wort oder ein Name ausgerufen, fehlt ihm der Aus­gang ·s. Der Grieche rief ‚Phile·0!‘ (Freund?!) und nicht ‚Philo·s!‘. Nach einem Römer, der als Subjekt Marcu·s hieß, rief man ‚Marce·0!‘.

m-Wörter

Es liegt in der Natur einiger Dinge, nie als Subjekt auf ein Objekt ein­zu­wir­ken. Eine Leber be­ein­flusst zwar als Subjekt den Blut­zucker­spiegel als Objekt, doch ein prä­histori­scher Halb­nomade kannte nur aus­gewei­dete Lebern. Die konnten schmecken, rötlich glänzen oder glibbrig sein. Deswegen trat das Leberwort iékwr nie als s-Wort auf.

Aus der Wurzel jeug· mit der Bedeutung ‚anschirren‘ lässt sich jugó·m mit der Bedeutung ‚angeschirrt, das Geschirre‘ bilden.

Diese m-Wörter be­zeich­neten das Ergebnis einer Hand­lung. Sie waren grund­sätzlich abstrakt und traten zuerst nie als Subjekt auf, des­halb wurde ihr m-Ausgang zum typi­schen Merkmal für das Objekt und auch auf s-Wörter über­tragen, wenn sie einmal als Objekt gebraucht werden: lateinisch ami­cu·m (den Freund).

Mit dem zivilisatorischen Fortschritt mündeten Neutra als Ergebnis einer Hand­lung nicht selten in einem tat­säch­lichen Gegen­stand: Das jugó·m (Geschirre) ist das Ergebnis des An­schir­rens jeug·, zugleich aber ein Gegen­stand, nämlich das Joch.

Von da an traten Neutra als Subjekt auf. Sie blieben dabei in ihrer m-Form, weil erst die m-Endung aus einer Hand­lung ein Nomen machte, das das Ergebnis der Hand­lung darstellte.

Entstehung des Neutrums

Das ist die Geburt des Neutrums als erstes Genus. Sie bestimmt zugleich für alle Zeiten, dass Neutra im Nominativ und im Akkusativ dieselbe Form haben:

Objekt:
Marcus Colosseum amat.
Marcus liebt das Kolosseum.

Subjekt:
Colosseum est aedificium Romanum.
Das Kolosseum ist ein römisches Bauwerk.

Mit der zivilisatorischen Entwicklung der Indo­germa­nen sprie­ßen die m-Wörter in Fülle. Bis heute bezeich­nen Neutra die Ab­strak­tion einer gewissen Hand­lung. Führt diese Hand­lung wie das Drehen zu keinem Ergebnis, be­zeich­net es die Hand­lung selbst:

ret· ‚sich [immerfort] drehen‘ → rotó·m ‚was sich dreht‘ → Rad

Mündet die Hand­lung in einem Ergebnis, be­zeich­net das Neutrum das Ergebnis:

jeug· ‚verbinden [was unverbunden ist]‘ → jugó·m ‚was verbunden ist‘ → Joch

Einen Gegenstand be­zeich­net das Neutrum nur, wenn die Hand­lung außer­sprach­lich in einen Gegenstand führt.

Das Leid ist, was man leidet; das Wort (lateinisch verbum) ist, was man sagt (urindogermanischVideo-Tutorial: Indogermanisch und nicht indoeuropäisch werdh·o·m zur Wurzel werdh· ‚sagen‘); das la­tei­ni­sche factum (Tatsache) ist, was man getan hat (facere).

Maskulinum als Standardgenus

Es kann aber nicht nur ein einziges Genus geben. Im Kontrast zum Neutrum stehen die alten s-Wörter. Ihr Genus nennen wir am besten Standardgenus. Was nicht ausdrücklich Neutrum ist, ist Standardgenus.

So ist es heute noch im Deutschen: Entlehnen wir ein Wort aus dem Englischen, erhält es das Standardgenus: der Code, der Gig, der Thread, der Hoax und viele, viele mehr.

Nur Wörter, die eine Hand­lung bezeichnen oder beinhalten, werden Neutra: das Tuning, das Must-have. Der Smoking sieht zwar aus wie ein Gerund auf ·ing, be­zeich­net aber keine Hand­lung und hat daher Stan­dard­genus.

Für das natürliche Geschlecht interessiert sich unsere Grammatik nämlich überhaupt nicht.

Das Sprachzentrum ist eine autonome Instanz unseres höheren Denkens. Es gibt zwar Schnitt­stellen zur anderen Instanz, die wir Verstand nennen, sonst könnten wir unsere Gedanken über Gott und die Welt nicht in Worte fassen, aber unser Verstand hat keinen Ein­blick in das, was im Sprach­zentrum wirklich vor sich geht.

Andernfalls müsste es die Sprach­wissen­schaft nicht wie eine Blackbox erforschen. Sie können jedes Wort, das ich Ihnen auf einen Zettel notiere, richtig betonen. Aber Sie können die Regel nicht formu­lieren, nach der Sie dabei vorgehen.

Aus diesem Grund dürfen Sie den Karfunkelstein nicht aufheben. Das Genus des Deut­schen ist ein perfektes Pro­gramm, das in unserem Sprach­zentrum fehler­los und konsistent arbeitet. Geschäftsführerin ist für unser Sprach­zentrum ein Wort aus dreizehn Lauten. Was eine Frau ist und ob Sie eine sind, weiß allein Ihr Verstand.

Personennamen

Auf dem bisher gezeigten Entwicklungsstand im Urindo­germani­schen mit zwei Klassen (s-Wörter und m-Wörter) gehören alle Personenbezeichnungen zum Standardgenus. Diese Schicht findet sich in vielen späteren Sprachen erhalten, etwa griechisch ho pai·s (der Knabe) neben he pai·s (das Mädchen) oder unsere Fragefürwörter wer gegenüber was (la­tei­nisch qui·s/quid). Beim Per­sonal­pro­nomen wurde zu er/es erst später sie aus einer an­deren Wur­zel gebildet.

Zu jener Zeit sagten die ersten Clans der Gemeinschaft Lebewohl und zogen nach Süden. Aus ihnen ging der anatolische Zweig des Indo­germani­schen hervor, darunter das Hethitische und andere Sprachen, die zwar alle bereits in der Antike ausgestorben, aber gut belegt sind. Diese Belege aus dem zweiten Jahr­tau­send vor Christus sind die ältesten, die sich in einer indo­germani­schen Sprache finden.

Die anatolischen Sprachen haben ein Standardgenus (atta·s ‚Vater‘, amma·s ‚Mutter‘), das formal unserem Maskulinum entspricht, und ein Neutrum (juga·n ‚Joch‘ aus uridg. jugó·m).

Das Femininum kennen sie nicht. Dieser letzte Schritt vollzieht sich im Gemein­indo­germani­schen erst nach der Ab­spal­tung der Anatolier.

Femininum

Neutra bilden im Späturindo­germani­schen keinen Plural, wie wir ihn als Mehrzahl von Einzelteilen gebrauchen. Unter Wörtern verstehen wir mehrere einzelne Wörter, die wir nur aufzählen, die aber zusammen keine Aussage ergeben.

Damals bildeten Neutra jedoch das, was wir unter Worten verstehen: ein Kollektiv aus Wörtern, die zwar aus mehreren bestehen, sich zusammen aber wie eins verhalten.

Aus der Einzahl werdh·o·m (Wort) wird das Kollektiv werdh·a (Worte). Weil ein Kollektiv als Einheit agiert, stand das Verb im Singular:

Deine Worte ist schön.

Die typische Endung für diesen Plural ist ·a:

werdh·a (Worte)
 → lateinisch verb·a
 → urgermanisch wurd·o → mittelhochdeutsch diu wort → die Wörter → die Worte

Im Griechischen ist dies erhalten:

Pánt·a rheĩ. Alle Dinge fließt.

Im Hethitischen und seinen anatolischen Schwestersprachen ohnehin:

Jug·a lagaru! Die Joche soll sich neigen!

Im Späturindo­germani­schen wurden Neutra zur Bezeichnung für Werks­produkte in Mas­sen er­schaf­fen. Nicht alle be­zeich­nen etwas, was im Plural zum Kol­lektiv wird. Drei Joche bilden keinen Joch­park, sondern sind einfach nur eine Mehrzahl an Jochen.

Ebenso werdh·a: Sie waren nach damaligen Verstän­dnis mehrere einzelne Wörter, was wir daran erken­nen, dass Wort noch im Deutschen und verbum im Latei­ni­schen Neutra bleiben.

Die Trennung zwischen kollektiven Worten, Landen, Tuchen (fach­sprach­lich für Tuchware) gegenüber Einzel­teilen Wörtern, Ländern und Tüchern ist eine Eigen­entwick­lung des Neu­hoch­deut­schen.

Für Wörter, die eine zusammenhängende Aussage bilden, griff man in früheren Zeiten zu anderen Vokabeln, zum Beispiel griechisch tò épos (ein Neutrum, dessen Stamm auf ·s endet, und kein s-Wort) ‚was gesagt epeĩn wird.

Begriffe, deren Mehrzahl kein Kollektiv, sondern Einzel­teile ausmachte, standen in der a-Form fortan mit dem Verb im Plural:

Deine Worte sind schön.

Wo der Plural kollektiv war, stand das Verb weiter im Singular, und die a-Form wurde als Singular gedeutet und auch so de­kli­niert: latei­nisch anim·a (Seele), griechisch demokrati·a, alt­hoch­deutsch bluom·a (Blume; das alt­hoch­deut­sche ·a ist über den Umweg ur­indogerma­nisch ·a → ur­ger­ma­nisch ·o → ahd. ·a ent­standen). Denn eine Blume ist, was blüht. Eine Blu­men­wiese ist ein Blüh­kollektiv.

Das ist das Femininum. Genau betrachtet ist es gar kein Kollektiv (die Worte), sondern ein abgeleitetes Abstraktum Wort·heit.

Ist Ihnen einmal aufgefallen, wie viele abstrakte Sachen feminin sind: die Liebe, die Kunst, die Demo­kratie?

Genussystem

Erkunden wir die Dreifaltigkeit des Genussystems an einem Beispiel:

Das urindogermanische Lexem wegh· bedeutet ‚bewegen‘. Aus ihm geht als Verb im Deutschen wegen hervor, das sich erst in der frühen Neuzeit in mehrere Verben aufspaltet: bewegen, wiegen (das Bewegen zur Bestim­mung des Gewichts), wägen, wagen.

Bildet man aus dem Lexem ein s-Wort, erhält man die direkte Nomi­nali­sierung der Be­deutung: wegh·o·s → der Weg. Sie steht stets im Stan­dard­genus. Das Neutrum Gewicht ist dagegen, was man bewegt (auch um sein Gewicht zu er­mit­teln) oder was etwas wiegt, also das Ergebnis des Bewegens oder Wiegens.

Die Waage ist das Bewegen und Wiegen als Abstraktion (in der Waage, in der Schwebe), die Bewegung oder Bewegerei also, und be­zeich­net erst später ein Gerät für diese Tätigkeit: Huch, meine Waage geht schon wieder falsch! Wer würde nicht gern die Waage im Badezimmer durch eine Schwebe aus­tauschen, doch zu diesem Ab­strak­tum ist leider kein Gerät erfunden worden.

Wenn Sie es selbst ausprobieren möchten: fallen → der Fall, die Falle, das Fallen, das Gefälle.

So funktioniert das Genus seit dem Spät­urindo­germani­schen. Bis in unsere Zeit:

1. Das Maskulinum ist das Standardgeschlecht.

2. Zum Neutrum gehören Substantive, die den Inhalt oder das Ergebnis einer konkreten Hand­lung bezeichnen.

3. Zum Femininum gehören Ableitungen mit komplexer abstrakter Bedeutung und einem speziellen Suffix.

Dass aus den beiden Abstraktionsformen Genera entstanden sind, ist nur einem Umstand geschuldet: Das Urindo­germani­sche unter­schied noch nicht zwischen Sub­stan­tiven und Ad­jektiven. Wo wir heute von einem guten Freund sprechen, sprach man einst von einem Freund, einem Guten. Nur die beiden Abstraktionssuffixe wurden in der Beifügung wiederholt, woraus die Kongruenz der Endungen entstand, die das Genus ausmachen.

Es hat den einzigen Zweck, Wörter in Scharen zu bilden. Das In­do­ger­mani­sche begann als Sprache eines winzigen Clan­volks, heute umspannt es die Erdkugel und hat den Mond erobert. Dieser Erfolg ist nicht durch Zeu­gungs­freude und Herrsch­sucht zu erklären, sondern durch einen einzig­artigen evo­lutio­nären Vorteil, die Fähig­keit nämlich, seinen Wortschatz im Nu zu erweitern und neuen Lebens­räumen anzupassen.

Auch das Semitische und das Altägyptische haben von ihrem Genussystem profitiert:

nisu ‚König‘ → nisi·t ‚Königtum‘ → ‚Königin‘

Personenbezeichnungen sind in diesem System grundsätzlich s-Wörter mit Standard­genus. Weil unserem Sprach­zentrum der Unter­schied zwischen Mann und Frau nicht zu vermitteln ist, gewinnen wir ge­schlechts­spezifi­sche Begriffe nur durch den Trick der Übertragung.

Blanke Geschlechtsbegriffe sind entweder Metonymien, bei denen Sexualmerkmale wie das Glied (lateinisch mas ‚Männchen‘) oder die Gebärmutter (deutsch das Weib) für den Rest der Person stehen, oder sie substantivieren typische Eigenschaften des Geschlechts wie Stärke (lateinisch vir und deutsch Wer wie in Werwolf) und Fruchtbarkeit (griechisch aner) beim Mann oder die Gebärkraft der Frau (lateinisch femina ‚Säugende → Frau‘).

Nur diese Begriffen, die Männer als Männchen und Frauen als Weibchen bezeichnen, sind wirklich geschlechtsspezifisch.

Die Fülle der Personenbezeichnungen ist allerdings aus einem anderen Sachbegriff abgeleitet:

Schule → Schüler

lat. gignere (erzeugen) → genetrik·s (Erzeugerin).

Frauenwörter sind deshalb alle Feminina, weil dem Urindo­germani­schen ein Motionssuffix wie ·in fehlte.

Ein Mann kann eine Frau zum Beispiel (eine) Schönheit nennen. Schönheit ist ein komplexes Abstraktum und ein a-Wort.

Aus dem Lykischen, einer Sprache des anatolischen Zweigs, ist uns ein solcher Fall belegt: Die Wurzel lehd· bedeutet ‚zueinander passen‘, das Ab­strak­tum würde lehd·a lauten und das Zu­einander­passen in seiner ganzen Kom­plexi­tät bezeichnen. Wir nennen es Liebe.

Im Lykischen ist lada das gängige Frauenwort:

die Liebe → meine Liebe (ist eine Frau) → Frau

Der Rest ist nicht mehr als grammatische Kongruenz:

Si·e ist ein·e alt·e Tant·e.

Auch unser Motionssuffix ·in war im Ursprung ein Zu­gehörig­keits­abstrak­tum, das Begriffe bildete, die wir heute mit ·igkeit bilden würden.

Ableitungen auf ·er wie Geschäftsführer gehören ins Standard­genus und können nur dann aus­schließ­lich Männer bezeichnen, wenn der Mann im Lexem steckt: der Herr, der Vater. An Geschäftsführer ist dagegen nichts männlich.

Der Ausdruck des Bürgers be­zeich­net geschlechtsindifferent alle Menschen, die Bürger sind, Bürgerin nur weibliche.

Gendersprech

Wenn wir Doppelformen wie Bürger und Bürgerinnen (in dieser Rei­hen­folge! — in Ver­wechs­lung mit Damen und Herren gern ver­kehrt­herum) in der Bedeu­tung ‚Bürger unter besonderer Berück­sichti­gung von Bür­gerin­nen‘ mit ge­son­derter Erwäh­nung der Frau dort verwenden, wo sie mit der glei­chen Wahr­schein­lichkeit auf­treten sollte wie ein Mann, es tatsäch­lich aber noch nicht tut, schöp­fen wir ein altes Mit­tel der deut­schen Sprache aus. Sprach­lich ist des­halb nichts dagegen ein­zu­wenden.

Da wir uns mit dieser Praxis das Leben willent­lich erschweren, muss die Prüfung ge­stat­tet sein, ob sie ihren Zweck erfüllt.

Am nächsten liegt da der Vergleich mit dem Rest der Welt, wo die deut­sche Pra­xis unbekannt ist. In Schwe­den suchte die Reichs­regie­rung vor kurzen nach einem Direktor:

Regeringen söker direktör.

Die Regierung sucht einen Direktor.

Obwohl nicht von einer direktörinna (Direktorin) die Rede war, müssen sich Frauen glei­cher­maßen angesprochen gefühlt haben, denn die Stelle wurde mit einer Frau besetzt.

Die nächste Station ist Islands Parlament Alþingi:

Forseti Alþingis stýrir fundum Alþingis Íslendinga. Ásta Jó­hannes­dóttir er nú­verandi for­seti Al­þingis. Hún er þing­maður Sam­fylkingar­innar.

Buchstäbliche Übersetzung: Der Präsident des Allthings leitet die Ver­samm­lung des All­things der Isländer. Ásta Ragn­hei­ður Jóhannes­dóttir [eine Frau] ist der der­zei­tige Vor­sit­zende des All­things. Sie ist Thing­mann [Ab­geordne­ter] der Könföderierten.

Ástas Name ist in diesem Text unter lauter masku­linen Per­sonen­bezeich­nun­gen mut­ter­seelen­allein.

Island und Schweden rangieren in Studien zur Gleich­stellung wie dem Global Gender Gap Report vom World Economic Forum weit vor Deutsch­land auf den ersten Plätzen, obwohl sie wie wir an dem­selben grund­sätz­lichen Mangel an Frauen in Macht­stellung leiden.

Gendersprech zur Verschleierung der Ungleichstellung der Frau

Im zwischenmenschlichen Alltag, wo sich Männer und Frauen als ihres­glei­chen behan­deln, finden sich Dop­pel­formen auch im Deutschen nicht. Nie­mand sagt, die Verkäufer und Ver­käu­ferin­nen im Super­markt an der Ecke seien ganz schön un­freund­lich, wenn er keine pro­pagan­disti­schen Motive hat (Motive gibt es nur im Verstand). Der Sprach­gebrauch (Sprach­zentrum) be­zeich­net sie geschlechts­indif­ferent als Verkäufer.

Doppelformen werden dort fleißig im Munde geführt, wo die Macht ver­teilt wird: in der Politik, in der Staats­verwal­tung und in den Zen­tralen von Kon­zernen im Rahmen ihrer Com­pliance-Attitüde.

Keines dieser Unternehmen wird von einer Frau geführt, in den Vor­stän­den tauchen sie nur als müt­ter­liche Galions­figur für das Per­sonal­resort auf. Zwei Drittel der Bun­des­tags­abgeordne­ten sind Männer. Schuld daran sind nicht wir Wähler, sondern die Kandi­daten­listen von CDU, CSU und SPD.

Wo Männer das Sagen haben, wird keine Gelegenheit ausgelassen, die Frau durch Doppelformen zu würdigen.

Der ehemalige Verkehrsminister Ramsauer stellte im vergangenen Jahr seine frauenfreundliche Straßen­verkehrs­ordnung vor.

Dabei nehmen Frauen zwangsläufig am Straßenverkehr teil, wenn sie das Haus verlassen. Es erhalten zudem nicht nur ebenso viele Frauen mit Er­rei­chen der Voll­jäh­rig­keit den Führer­schein, wie es Männer tun, es gelingt ihnen in be­ein­druckender Mehrheit sogar ein Jahr früher mit siebzehn Jahren. Selbst die sieb­zehnjährigen Last­kraft­wagen­fah­rerin­nen stehen dem Verhältnis von Mann und Frau in der Be­völ­kerung kaum nach.

Der Hand­lungsbedarf besteht nicht im Verkehr, sondern im Ver­kehrs­ministe­rium. Zum Zeitpunkt der Novel­lierung amtierte ein Mann als Ver­kehrs­mini­ster. Ihm unterstanden fünf Staats­sekre­täre. Keiner davon war eine Frau.

Dabei schreibt das Bundesgleichstellungsgesetz dem Minister vor, dass er neue Posten mit Frauen zu besetzen hat, zuletzt im Oktober 2012, als Michael Odenwald verbeamteter Staatssekretär wurde.

Wenn zu diesem Zeitpunkt keine Frau mit gleichen Qualifikationen zur Verfügung stand, lautet die Frage: Wieso nicht? Das BGleiG war damals seit zwölf Jahren in Kraft und schreibt die För­derung der Qua­lifi­kation von Frauen vor. Von der För­de­rung von Partei­kamera­den steht darin hingegen kein Wort.

Würde es die Gleichstellung der Frau nicht eher fördern, wenn sich der Minister an dieses Gesetz hielte, als wenn er das deutsche Weibsvolk in Wort und Schrift besingt wie Walther von der Vogelweide?

Solche Fragen stellt niemand und zu allem Übel die vielen Frauen­beauf­tragten in diesem Land nicht.

Ihren ‚Leitfaden gendergerechte Sprache‘ leitet die Frauenbeauftragte der Universität München (LMU) mit dem Hinweis ein, die sprachliche Gleich­behand­lung der Geschlechter sei für eine [fälschlich für die] Gleich­stellung von un­erläss­licher Bedeutung.

Ich habe mich an Frau Weber gewandt, um mir in einem Gespräch diese Unerlässlichkeit im All­gemei­nen und die sehr weit­reichen­den Sprach­vor­schrif­ten des Leit­fadens im Ein­zelnen erklären zu lassen. Frau Weber antwortete, sie könne leider kein Inter­view geben. Sie sei keine Sprach­wissen­schaft­lerin und keine Juristin und der Leit­faden nur eine Empfehlung.

Von einer Empfehlung kann keine Rede sein, wenn man von Amts wegen Sprach­vorschrif­ten erlässt und sie einleitend als unerlässlich für ein Gesell­schafts­ziel deklariert, das mit Sicher­heit alle An­gehöri­gen der Univer­sität teilen. Denen dürfte kaum bekannt sein, dass der Leit­faden auf keinem Gesetz und erst recht keiner sprach­wissen­schaft­lichen Er­kenn­tnis gründet.

An der Unerlässlichkeit darf man zweifeln, wenn man im Rek­torat und im Hoch­schulrat der LMU nach Frauen sucht. Nur die Studenten haben als einen ihrer beiden Vertreter eine Frau in den Rat gewählt. Die anderen zehn Voll­mitglie­der aus dem Hause sind Männer, zudem die beiden Vorsitzenden. Dieses Miss­verhält­nis ist keine Ausnahme. Man findet es, wo immer man sucht.

Der Rat der Universität Islands quillt dagegen inzwischen vor Frauen nur so über. Obwohl man dort für gender­gerechte Sprache nur das landes­typische schal­lende Lachen übrig hat, zeigt die Stellen­beset­zung bis hinab zur Haus­meiste­rei ein Gleich­maß an Männern und Frauen, das der Arche Noah das Wasser reichen kann.

Genderideologie versus Wissenschaft

Die Angehörigen der LMU sind in der Fülle Wissenschaftler. Deswegen wird sie nicht nur interessieren, warum die persönlichen Empfehlungen ihrer Frauenbeauftragten unerlässlich sein sollen, sondern auch, welchem Geist diese Empfehlungen entsprungen sind.

Trotzdem sind in der universitären Sprache nach wie vor viele Texte im generischen Maskulinum gehalten, heißt es weiter in der Einlei­tung des Leit­fadens. Deshalb genügt es nicht, Wis­sen­schaft­lerinnen und For­scherin­nen in Texten einfach nur ‚mit­zumei­nen‘. Ziel muss es sein, Frauen und Männer glei­cher­maßen anzu­spre­chen und die Frauen sprachlich sichtbar zu machen.

Das generische Maskulinum ist kein Begriff der echten Genusforschung, sondern reiner Gaukel. Denn nichts an diesem Gedan­ken ist Frucht von Sprach­wissen­schaft.

Er stammt aus der politischen Bewegung, die sich Gender Studies nennt und seit Jahr­zehn­ten eifrig über unsere Sprache und ihre Ver­gangen­heit publiziert. Den Verfas­sern ist etwas gelungen, was in der Wissen­schaft seines­gleichen sucht: Sie sind sich in allem einig.

Als würde einen das nicht schon wissenschaftlich disquali­fizieren, geht die Erkennt­nis hier auch noch ihrer Erforschung voraus: Der Mann unterjocht die Frau seit Jahr­tausen­den, die Sprache dient ihm dabei als Werkzeug, indem sie nur vom Manne spricht und nicht von der Frau.

Gender Studies besteht folglich darin, die Sprach­geschichte nach Belegen für diese Erkenntnis abzuklappern. Was sich irgendwie als Beleg für die Erkenntnis fehldeuten lässt, wird fehlgedeutet. Wo das nicht gelingt, wirft das keine Fragen an der Richtigkeit der Hypothese auf, sondern wird als Fall dafür gedeutet, dass der Mann eine Möglichkeit übersehen hat, die Sprache für seine Dominanz zu instrumentalisieren. Obwohl alle Pub­lika­tionen unverhohlen aktivistisch sind, wollen sie sich durch das Einflechten von Fachbegriffen das Air echter Wissenschaft geben.

Als Geschichtsbild der Gender Studies ergibt sich dies: Obwohl die Frau seit so langer Zeit sprechen kann wie der Mann und seit jeher die Hälfte jeder Popu­lation ausmacht, hat sie jahr­tausende­lang nichts gesagt und ist erst durch die moderne Frauen­bewegung zu Bewusst­sein und Sprache gekommen wie auf dem Planeten der Affen. Wenn sie doch gesprochen hat, durfte sie die Sprache höchstens mit­benutzen und musste so sprechen, wie es ihr der Mann vorgab. An der Entstehung und Entwicklung des Deutschen hatte sie keinen Anteil.

Wer nun nicht mehr aufhören kann zu lachen, sollte einen Blick ins Handbuch der Rechtsförmlichkeit werfen, nach dem alle Gesetze der Bundes­republik Deutsch­land formuliert werden. Es gründet auf dieser anti­wissen­schaft­lichen Ideologie.

Dorthin gelangt ist die Ideologie durch Täuschung. Die Frauenbeauftragte der Stadt Köln erklärt in ihrem Leitfaden, sprach­wissen­schaft­liche und psychologische Studien hätten gezeigt, dass Frauen zwar häufig mit­gemeint, selten jedoch mitgedacht würden. Tat­säch­lich sind es keine sprach­wissen­schaft­lichen und psycholo­gischen Studien, sondern Sprachtests, die fach­unkundig von femi­nisti­schen Psycho­login­nen durchgeführt wurden. Sie sind von vielen methodischen und sachlichen Fehlern abgesehen vor allem deshalb falsch, weil sie die Kluft zwischen Sprach­zentrum und Verstand nicht bemerken. Deshalb zeugt auch der Wunsch nach be­wuss­ter und sensibler Sprache, wie ihn alle Frauen­beauf­tragten in ihrer zurecht­plagi­ierten Fassung des Leitfadens äußern, für tiefes Unverständnis der Sprache.

Zwar können wir die Regeln des Sprachzentrums gelegentlich mit Motiven unseres Verstandes überschreiben, aber das Ergebnis ist so gut wie immer ungram­matisch, überflüssig und töricht: So über­schrie­ben Journa­listen im letzten Jahr in ihrem Sprach­zentrum die Konklave (so seit der Entlehnung aus dem neutrum­losen Italie­nischen vor einem halben Jahrtausend) durch das KonklaveTutorial: Die oder das Konklave?, weil sie es für Latein hielten und sich nicht lumpen lassen wollten. Auf diesen törichten Ein­fall wäre ihr Sprach­zentrum nie gekom­men, was man daran erkennt, dass sie das Wort im Plural als Femininum beugten die Kon­klaven statt als Neutrum die Kon­kla­vien, und auch daran, dass sie das im selben Absatz gebrauchte Ponti­fikat nicht als Masku­linum ge­brauch­ten, wie es das Latei­nische tut pontificātus, -ūs.

Geschlechtsneutrale und gendersensible Sprache

Die Empfehlungen aller Leitfäden bestehen darin, die Männersprache durch eine Sprache zu ersetzen, die sie einmal geschlechtssensibel nennen und ein andermal im krassen Widerspruch dazu geschlechtsneutral. Dieses Ziel ist den herkömmlichen Doppelformen des Deutschen, die die Frau hervorheben, entgegengesetzt.

Dabei rufen die Leitfäden zu kreativem Sprachgebrauch auf und geben Beispiele, die meist grammatikalisch falsch (die Sprachzeichen werden nicht so verwendet, wie sie festgelegt sind) oder sprachlich ungültig (die Aus­drucks­weise gibt es nicht) sind.

Wer als Muttersprachler so weit geht, ohne zu bemerken, dass etwas nicht stimmt, muss ein starkes Motiv haben, das sein Sprach­gefühl betäubt. Es han­delt sich dabei um den gän­gigen Furor teuto­nicus, den ich hier gen­der­sensi­bel als den Wunsch be­zeich­nen möchte, der Führerin ent­gegen­zuarbeiten: Es werden Vor­gaben über­erfüllt, die niemand vor­gegeben hat. Niemand zweifelt am Ziel und an den Mitteln.

Uns ist bekannt, dass unser Genussystem nichts mit Männern und Frauen zu tun hat, sondern die In­stanz unseres Sprach­zentrums ist, das unseren Wort­schatz unseren Lebens­bedin­gun­gen anpasst. Diesen einzigen Zweck will ihm die Gender­ideologie abnehmen. Sie strebt ein sym­metri­sches Genus­system an, in dem alle Genera spezi­fisch sind. So etwas kann in der Sprache ebenso wenig existieren wie beim biolo­gischen Geschlecht (hier ist die Frau das Standard­geschlecht und der Mann das Spezifikum), weil es dann bei Fehlern in der Festlegung zu genus­losen Sub­stan­tiven und Menschen ohne Geschlechtsorgane käme.

Da die Grundlage nicht stimmt, verkehren die Maßnahmen die deutsche Sprache in ihr Gegenteil. Die Sache geht also vorne und hinten nicht auf, wodurch erst der kreative Sprachgebrauch als willkürliche Wahl der am wenigsten falschen Maß­nahme notwendig wird.

In der gesprochenen Allgemeinsprache — und nur sie zählt — können sich diese Maß­nahmen nicht durchsetzen: Erstens weil sie falsch sind und zweitens weil sie das Sprach­zentrum ins Bewuss­tsein drängen. Die Leute müssten dauernd motiviert sprechen.

Die gendersensible Straßenverkehrsordnung

Der Schaden beschränkt sich also auf die Verschleierung der Ungleichstellung der Frau und die Texte, die der Führerin entgegen­getextet werden. Dort ist er allerdings enorm, wie die neue Straßen­verkehrs­ordnung vom März 2013 zeigt.

Auch hier fallen einem wie bei den Leitfäden generelle Defizite im Umgang mit Sprache auf. In der StVO wimmelt es vor Deklinationsfehlern (§ 14 Abs. 1: „dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist“) und kindlichen Falschschreibungen (der Andere, hin- und herrollenTutorial: Auf und ab, hin und her).

Die Genderfizierung ist so schlampig durchgeführt, dass es einem den Atem raubt, wenn man bedenkt, wie viele Stationen eine Geset­zes­novel­lie­rung durch­läuft, ehe sie im Bun­des­gesetz­blatt (BGBl. 2013, Teil I, Nr. 12, am 12. März 2013) erscheint.

Wo es 1970 (BGBl. 1970, Teil I, Nr. 108, am 16. November 1970) noch in § 25 hieß, Fußgänger müssen die Gehwege benutzen, steht 2013: Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege [Anm.: Dieser Plural ist falsch.] benutzen.

Direkt darüber lautet in beiden Fassungen die Überschrift gleich: Fußgänger.

Das ist keine Ausnahme, sondern die Regel. Je weiter der Text voran­schreitet, desto häufiger spricht die StVO von Füh­rern, Tier­haltern und Rei­tern, sei es aus Kon­zentra­tions­mangel oder aus falschen Überlegungen.

Personenbezeichnungen auf ·er werden in der Genderideologie als Unter­drückungs­instru­ment an­gesehen, weil sie wie der Büstenhalter grammati­kalisch maskulin sind.

Die eine Fraktion nimmt irrtümlich an, das Genus würde nicht in den Plural reichen, weil dort der Artikel einheitlich die lautet. In der StVO findet sich in­kon­sistent auch der Folge­irrtum, diese genus­losen Plu­rale steckten in Zu­sam­menset­zungen wie Fuß­gän­ger­ampel. Oder in Kun­denn­ummer oder Personen­beschrei­bung. Wie das letzte Bei­spiel zeigt, das unmög­lich ein Plural sein kann, schöpft die Wort­bildung alle Stamm­formen eines Sub­stan­tivs aus. Was dem Verstand wie ein Plural erscheint, ist keiner. Plural­bildun­gen wie Gästeliste sind sehr selten und immer Teil eines Spe­zial­schemas.

Die StVO spricht von Polizeibeamten, ohne zu bemerken, dass dies nur der Plural von Polizei­beamter sein kann und Beamtinnen nach ihrer Sicht aus­schließt, denn der Plural kann nicht kürzer sein als der Sin­gular (Iko­ni­zität). Die Beamte gibt es weder in der All­gemein­sprache noch auf dem Amt.

Die andere Fraktion will alle Bildungen mit ·er ausmerzen. Wo die StVO Lust aufs Aus­merzen hat, wählt sie einen ver­allgemei­nern­den Rela­tiv­satz: Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen.

Hier ist einzuwenden, dass das Gehweggebot nur gilt, wenn man gehend einen Fuß vor den anderen setzt. Herum­lungern auf dem Mittel­streifen ist neuerdings erlaubt.

Aus gutem Grund unterscheidet das Deutsche zwischen Relativ- und Ad­ver­bial­sätzen und Rollen­bezeichnun­gen wie Fußgänger.

Bei Rollstuhlfahrer möchten wir dem Redakteur unter­stellen, dass nicht Schlam­pig­keit, sondern Ein­sicht ‚wer Rollstuhl fährt‘ ver­hin­dert hat, obgleich sich Roll­stuhl­fahrerin­nen neuer­dings als vogelfrei be­trach­ten sollten.

Für den harten Kern der Genderideologie und die Leitfäden der Frauen­beauftrag­ten macht man mit Relativsätzen alles nur gleich­schlimm. Ihnen ist bedauer­licher­weise aufgefallen, dass dem Pro­nomen wer die wie fehlt, woraus sie wieder den falschen Schluss ziehen.

Neben dem generischen Maskulinum gibt es in der deutschen Sprache weitere grammatikalische Bereiche, die eine historisch begründete männliche Dominanz widerspiegeln. Ein Beispiel hierfür sind die Pronomina ‚wer‘, ‚niemand‘, ‚jemand‘, ‚man‘.

Annelene Gäckle, Monika Schoop, Maike Hellmig: ÜberzeuGENDERe Sprache. Köln 2013, Seite 20.

Von wegen. Alle Pronomina urindo­germani­schen Ursprungs sind vor dem Femininum entstanden und haben deshalb wie die zweiendigen Adjektive im Lateinischen communis, ·is, ·e nur das Neutrum neben dem Standardgenus: uridg. kwi·s → lat. qui·s, dt. we·r. Wenn diese Wörter älter als das Genus sind, kann es schlecht der Dominanz dienen.

Mann, man, Mensch

In unserem Sprachzentrum sind Mann und man (auch in je·man·d) zwei verschie­dene Wörter. Man hat sich als eigenes Wort von Mann ab­gespal­ten, als das noch den Men­schen als gewisse Person be­zeich­nete, im Gegensatz zu Mensch als un­gewisses Men­schen­wesen im Kontrast zu Gott.

Die ehemalige Verwendung steckt heute noch in den syntaktischen Regeln in unserem Sprach­zentrum: Wenn uns Politiker mit der Phrase ‚die Men­schen‘ anmenscheln, spüren wir, dass etwas nicht stimmt. Wir verwen­den Mensch nicht bei dieser Ge­legen­heit, nicht im Plural und nicht mit be­stimm­tem Artikel. Wir spre­chen statt­des­sen von man oder von Leuten.

Wo Relativsätze an Grenzen stoßen, die selbst Aktivisten bemerken, möchten sie Per­sonen­bezeich­nun­gen auf ·er durch Parti­zipien ersetzen. Auch die StVO wählt dieses Mittel, wenn es ihr gerade in den Sinn kommt: Fußgänger → zu Fuß Gehende.

Von hier an wird es richtig falsch. Das gilt zunächst für die Recht­schrei­bung. Das amtliche Regel­werk äußert sich in § 36 in Abschnitt 2.1 zu Parti­zipien (gehend) mit einer Er­gän­zung zu Fuß und erlaubt sowohl Getrennt- als auch Zu­sammen­schrei­bung: eine allein(_)erzie­hende Mutter. Die Rede ist allerdings von adjek­tivisch gebrauchten Parti­zipien.

Von substantivierten spricht sie nicht, und zwar aus gutem Grund: Was auch immer das Partizip als Adjektiv für Ergänzungen haben kann, beim Sub­stan­tiv verschmilzt alles zu einem Wort: eine Allein­erzie­hende (nicht: eine allein Erzie­hende). Ohnehin ist das Parti­zip bei diesem Bei­spiel ein Gebot der Not, weil Eltern keine Erzieher sind.

Wo das Partizip Adjektivattribut ist, ist Getrennt­schrei­bung noch zu vertreten: Auto fahrende Personen. Als Substantiv würde, wenn diese Aus­drucks­weise im Deut­schen nicht ungültig wäre, Autofahrende daraus und nicht wie in der StVO Auto Fahrende. In § 5 Abs. 5 der StVO wird hingegen richtig, aber inkonsistent von entgegen­kommenden Fahr­zeug­führen­den gesprochen. Das Fahrzeug gehört zum Wesen dieses Führenden, wie der Bei­fall zum Klat­schen­den und die Freude zum Strahlenden.

Sicherlich keine leichtverständliche Angelegenheit. Zum Glück müssen wir sie normalerweise nicht verstehen (Verstand), weil unser Sprach­zentrum ohne unser Zutun keine Schwierig­keiten damit hat. Es macht übrigens einen auf­fälligen Bogen um er­wei­terte Parti­zipien als artikellose Substantive.

Mit anderen Worten: Die Schöpfungen der StVO sind im Deutschen ungültig.

Fußgänger und zu Fuß Gehender

Beim zu Fuß Gehenden kommt hinzu, dass die Präposition bei der Wortbildung schwindet: Fußgehender. Ebendies ist vor einem halben Jahr­tausend schon einmal geschehen.

Die Wendung ze fueze war bereits im Mittel­alter in Gebrauch und das Gegen­teil von ze orse (mit Ver­drehung im Anlaut, ‚zu Ross‘). Diese beiden Fort­bewegungs­arten bil­deten die Ab­teilun­gen des Mili­tärs und dem Deut­schen Ge­legen­heit, eine Personen­bezeich­nung für den Fuß­solda­ten zu erschaffen, der später zivi­lisiert wurde: Fuß­gänger. Der Fuß gerät dabei in die Wort­bildung wie die Wache beim Wach­habenden, die Prä­posi­tion entfällt wie beim Zeit­reisen­den, beim Freudestrahlenden und beim Arschkriecher.

Ein genereller Haken an den Genderpartizipien ist der sogenannte Aspekt, dessen Einfluss auf unsere Grammatik und unseren Wort­schatz un­geheuer­lich ist. Er verhindert, dass aus Antragsteller je ein Antrag­stellender wird und aus Ein­wan­derer ein Einwan­dernder. Wenn ein Verb eine Hand­lung beschreibt, deren Anfang sich vom Ende unter­scheidet (ein­schla­fen: wach → schlafend), kommt das Par­ti­zip (einschla­fend) gar nicht in Betracht, weil dieser Pha­sen­über­gang keine Eigen­schaft sein kann. Rol­len­bezeich­nun­gen aus solch per­fek­tiven Verben be­zeich­nen das dauer­hafte Er­geb­nis des Vor­gangs Ge­win­ner, Täter, Ver­fas­ser, das Partizip dagegen den Vor­gang vor seiner Vol­lendung Gewin­nen­der, Tu­ender, Ver­fassen­der.

Die meisten deutschen Verben sind perfektiv. Man erkennt sie daran, dass sie das Perfekt mit dem Hilfsverb sein bilden, wenn sie kein Objekt haben:

a) sie sind früh eingeschlafen → **früh Einschlafende

b) sie sind zu Fuß gegangen → **zu Fuß Gehende

Auch die Fortbewegungsverben gelten unserem Sprachzentrum als perfektiv, und Sprach­wissen­schaft­ler zermartern sich ihren Ver­stand, was es sich dabei denkt.

Uns braucht es nicht zu kümmern, denn alle substantivierten Partizipien wie zu Fuß Gehende sind im Plural ohnehin Stan­dard­genus, also maskulin. Die Ideo­logen können sich ihm nur entwinden, wenn sie in die Türkei aus­wandern. Im Tür­ki­schen gibt es kein Genus und nur ein Pro­nomen für alles. Die historisch be­grün­dete Domi­nanz des Mannes kann es dort folglich nicht geben.

Gleichberechtigung und Genderideologie

Die Ideologie ist in ihrer Methode von Anfang bis Ende in einem Maße antiwissenschaftlich und falsch, wie man es heutzutage nicht tolerieren darf. Sie gleicht met­hodo­logisch dem Krea­tio­nismus oder der völki­schen Rassen­lehre.

Subversion der Wissenschaft ist kein legitimes Mittel für ein politisches Ziel wie die Gleichstellung der Frau.

Und zudem kein taugliches. Ich habe keinen Fall gefunden, wo Gen­der­sprech nicht augen­fällig zur Ver­schleie­rung der Un­gleich­stellung miss­braucht würde. Sie wurde den Ideologen bereits von Leuten mit anderen Zie­len und notori­schen Mit­läufern entwendet.

Gehen wir hypothetisch davon aus, dass die Genderideologie den Kampf gegen fun­da­men­tale Struk­turen unserer Mutter­sprache gewin­nen könnte: Frauen werden in­zwi­schen achtzig Jahre alt und treffen im ersten Drit­tel ihres Lebens gravie­rende Ent­scheidun­gen für ihr ganzes Berufsleben.

Eine langwierige Umgestaltung der Sprache würde selbst im Erfolgsfall erst zur Gleich­stellung führen, wenn alle heute lebenden Frauen längst tot sind. Gleich­berechtigung und freie Entfaltung sind jedoch seit fünf­und­sechzig Jah­ren ein­klag­bares Recht, länger, als die heute erwerbstätigen Frauen auf der Welt sind.

Wollen sie sich wirklich mit einer untauglichen Pro­paganda­inszenie­rung ab­spei­sen lassen, bei der die Ge­rechtig­keit wie im Sozia­lismus immer kurz bevor­steht, aber nie erreicht wird?

Die Frauenquote ist das einzige Mittel, das Warten abzukürzen. Es ist poli­tisch und für ein Ge­sell­schafts­ziel legitim. Es kann nicht von Minister­männ­chen miss­braucht wer­den. Es raubt der Spra­che ihre An­pas­sungs­fähig­keit nicht, son­dern passt unserer Groß­gesell­schaft an die Lebens­bedin­gun­gen an. Es ver­fälscht nicht, son­dern rückt gerade. Es ist nicht ungerecht, sondern nur vor­über­gehend un­günstig für den Mann.